Erdrutsch in China "Das Baby hat uns gerettet"

Peking · Das Schreien seines Babys hat einem Elternpaar in China das Leben gerettet: Weil der Säugling sie weckte, entkamen die Eltern dem verheerenden Erdrutsch. Doch ihre zweijährige Tochter wurde verschüttet - so wie die meisten anderen Dorfbewohner.

Xinmo in China: Erdrutsch verschüttet dutzende Menschen
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China: Erdrutsch verschüttet viele Menschen

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Unmittelbar vor dem Erdrutsch am Samstagmorgen kurz vor sechs Uhr steht Xiao Yanchun auf, um ihrem erst 38 Tage alten Sohn die Windeln zu wechseln. Als sie danach wieder ins Bett gehen will, hören sie und ihr Mann "einen lauten Knall draußen, und das Licht ging aus", wie der Vater Qiao Dashuai schildert. Die Erde bewegt sich.

Plötzlich sieht das Paar Schlamm, Wasser und Steine ins Zimmer fließen. "Wir hatten das Gefühl, dass etwas Schlimmes passiert." Die Eltern greifen den Säugling und rennen aus dem Haus - während das ganze Dorf hinter ihnen unter Geröllmassen verschwindet.

Die Rettung bleibt die einzig gute Nachricht, die chinesische Staatsmedien bis Sonntag von der Tragödie im Kreis Mao in der Provinz Sichuan berichten. "Wir waren bedeckt mit Erde", sagt die 26-jährige Mutter im Kreiskrankenhaus. Sie seien über die Erdmassen geklettert.
Ihr kleiner Sohn habe sogar Erde geschluckt, so dass sein Magen ausgepumpt werden musste. "Das Baby hat uns gerettet", sagt der 26 Jahre alte Vater mit Kopfverband auf dem Krankenbett dem lokalen Fernsehen. In den Erdmassen verschüttet sind die zweijährige Tochter, die Großmutter, etliche andere Menschen.

In einem Rennen gegen die Zeit suchen tausende Helfer auch am Sonntag weiter nach mehr als 100 Vermissten. Neun Leichen wurden inzwischen gefunden. Die 62 teils zweigeschossigen Häuser des Dorfes Xinmo sind unter einer gewaltigen Geröllwüste verschwunden. Nicht einmal Trümmer sind noch zu sehen. Die Erd- und Felsmassen, die über mehr als tausend Meter vom Berg donnernd herabgestürzten, haben die Siedlung meterhoch zugeschüttet. Wo einst der Fluss im Tal floss, bahnt sich das Wasser einen neuen Weg durch Geröll und Felsen.

Seit dem verheerenden Erdbeben 2008 in der Provinz seien die Berge in der Gegend nicht mehr so stabil wie früher, berichten Geologen. 87 000 Menschen waren damals ums Leben gekommen. Der Kreis Mao grenzt an den Kreis Wenchuan, Zentrum der früheren Katastrophe. Das Epizentrum lag nur 60 Kilometer vom jetzigen Unglücksort.

"Die Ursache des Erdrutsches ist kompliziert", erklärt Tian Yanshan, ein Experte des Landministeriums im Staatsfernsehen. "Schwere Regenfälle und eine instabile Struktur des Berges könnten dazu beigetragen haben." Auch menschliche Aktivitäten wie Bergbau könnten ein Faktor sein.

Anfangs gibt es noch Lebenszeichen. Die Helfer können neun Stunden nach dem Erdrutsch über Handy eine Frau erreichen, die offenbar in ihrem Schlafzimmer verschüttet ist, wie lokale Medien berichten. Sie antwortet auf den Anruf, dann aber bricht die Verbindung ab. Als sie eine Stunde später ausgegraben wird, ist die Frau tot. Auch die Leiche ihres Ehemann wird gefunden.

(jco/dpa)
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