Flüchtlingsdrama im Mittelmeer Überfahrt auf der "Ezadeen" kostete bis zu 8000 Dollar

Corigliano · Italienische Behörden haben an Bord des von der Besatzung im Stich gelassenen Frachters "Ezadeen" 359 Flüchtlinge aus Syrien registriert. Unter ihnen seien 42 Frauen und 62 Kinder, sagte eine Beamtin der lokalen Präfektur in Corigliano Calabro. Acht Kinder seien ohne Begleitung unterwegs gewesen. Die Flüchtlinge auf dem führungslosen Schiff haben bis zu 8000 Dollar für ihre Überfahrt gezahlt.

Flüchtlings-Frachter "Ezadeen" erreicht Hafen
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Der Präfekt des süditalienischen Cosenza, Gianfranco Tomao, sagte am Samstag unter Berufung auf Aussagen der 360 Flüchtlinge, die das Schiff im Hafen von Corgliano verließen, sie hätten 4000 bis 8000 Dollar (3320 bis 6640 Euro) an die Schleuser gezahlt. Demnach waren die aus Syrien stammenden Flüchtlinge über den Libanon per Flugzeug in die Türkei gereist, wo sie an Bord der "Ezadeen" gingen.

Laut dem Präfekten hatten die Besatzungsmitglieder stets das Gesicht verhüllt, bevor sie die Brücke verließen und das Schiff führungslos vor Italien im Meer treiben ließen. Demnach ist es möglich, dass sich die Schleuser unerkannt unter die Flüchtlinge mischten, um mit ihnen schließlich das Schiff zu verlassen. Die italienischen Behörden hatten die "Ezadeen" am Donnerstagabend manövrierunfähig 150 Kilometer vor der Küstenstadt Crotone in Kalabrien gefunden.

Sechs Vertreter der Küstenwache wurden am Freitag schließlich von einem Marine-Hubschrauber auf den Frachter abgeseilt und übernahmen das Kommando an Bord. Am Freitagabend traf das 73 Meter lange Schiff, das eigentlich für Viehtransporte vorgesehen ist, in Corgliano ein. Die Flüchtlinge wurden auf mehrere Unterkünfte in Süditalien verteilt. Erst am Mittwoch hatte die Marine die Kontrolle über ein anderes führerloses Schiff mit hunderten Flüchtlingen übernommen.

Der Polizeichef von Cosenza, Luigi Liguori, sagte, die Flüchtlinge hätten angegeben, am Mittwoch in der Türkei an Bord der "Ezadeen" gegangen zu sein, die in Sierra Leone registriert ist. Die Menschenschmuggler auf dem Schiff hätten die ganze Zeit Kapuzen getragen, um nicht erkannt zu werden. Bei schwerem Seegang seien sie von Bord gegangen und hätten die Flüchtlinge ihrem Schicksal überlassen.

Nach einem Notruf entsandte die italienische Luftwaffe einen Hubschrauber mit Ingenieuren, Technikern und Ärzten zum Schiff. Die Einsatzkräfte sicherten den Frachter, ein isländischer Schlepper schleppte ihn nach Corigliano. Am Dock wurde ein großes Zelt errichtet, in dem die Migranten mit Wasser und Lebensmitteln versorgt wurden.

Es war schon der zweite derartige Vorfall binnen weniger Tage. Von der "Blue Sky M", einem Frachter unter moldauischer Flagge, waren nach dem Notruf vom Dienstag ebenfalls Hunderte Flüchtlinge gerettet worden.

Im gerade abgelaufenen Jahr hatten die italienische Marine, Küstenwache und Luftwaffe mehr als 170.000 Flüchtlinge abgefangen oder gerettet.

(AFP/AP)
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