Wut über Urteil in Ferguson Demonstranten stürmen Rathaus in St. Louis

St. Louis · Bei Protesten gegen die Entscheidung der Geschworenen im Fall des erschossenen schwarzen Jugendlichen Michael Brown haben Demonstranten das Rathaus der Stadt St. Louis gestürmt.

Ferguson: Demonstranten stürmen Rathaus in St. Louis
Foto: ap

Ein Teil der Aktivisten gelangte am Mittwoch in das Gebäude und skandierte dabei "Schande, Schande". Mindestens zwei Personen seien bei der Aktion festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Die Demonstranten hatten zunächst einen Prozess für Darren Wilson nachgestellt, jenen weißen Polizisten, der Brown im August in Ferguson erschossen hatte. Anschließend stürmte die Menge das Rathaus. Mehr als 100 zusätzliche Polizisten wurden herbeigerufen. Sie riegelten das Gebäude ab.

Insgesamt wurden in und um St. Louis seit Dienstagabend 58 Personen festgenommen, allein 45 im Vorort Ferguson, wo es im August zu den tödlichen Schüssen gekommen war. Eine Geschworenenjury hatte am Montag entschieden, dass Wilson dafür nicht angeklagt werden soll.

Proteste in 170 US-Städten

Bei landesweiten Protesten haben Demonstranten ein juristisches Nachspiel der tödlichen Polizeischüsse auf einen schwarzen Jugendlichen in Ferguson gefordert. US-Medien zufolge gingen in der Nacht zum Mittwoch in mehr als 170 Städten Menschen auf die Straße. Der weiße Polizist Darren Wilson verteidigte in seinem ersten Fernsehinterview die Schüsse auf den Jugendlichen Michael Brown und sagte, er habe ein "reines Gewissen".

Die Wut über den Fall und die ungleiche Behandlung von Schwarzen und Weißen im US-Justizsystem trieb Menschen überall in den USA auf die Straße - von Oakland und Seattle im Westen bis Atlanta, Philadelphia und Baltimore im Osten. Die Proteste blieben überwiegend friedlich. In Portland und Denver setzte die Polizei laut Medienberichten Pfefferspray ein, in Los Angeles wurden nach Behördenangaben mehr als 180 Demonstranten festgenommen. Die Polizei in New York gab zehn Festnahmen bekannt.

Wilson hatte Brown Anfang August in der Kleinstadt Ferguson im US-Bundesstaat Missouri auf offener Straße erschossen. Der Polizist will in Notwehr gehandelt haben, allerdings war der 18-jährige Brown unbewaffnet. Eine Grand Jury aus zwölf mehrheitlich weißen Geschworenen hatte am Montag entschieden, dass die Beweislage für eine Anklage gegen Wilson nicht ausreiche. Daraufhin wurde Ferguson von gewalttätigen Protesten erschüttert.

In der Nacht zum Mittwoch kam es in dem Vorort von St. Louis erneut zu Ausschreitungen. Obwohl mehr als 2000 Nationalgardisten im Einsatz waren, gingen am Rathaus Fensterscheiben zu Bruch. Ein Polizeiauto wurde angezündet und Polizisten mit Steinen, Flaschen und einem Brandsatz beworfen, wie der Polizeichef des Bezirks St. Louis, John Belmar, sagte. Die Beamten setzten Tränengas ein, 44 Menschen wurden festgenommen. Insgesamt sei die Nacht aber ruhiger und "viel besser" verlaufen als die vorige.

Obama verurteilt Gewalt

US-Präsident Barack Obama verurteilte die Ausschreitungen und Plünderungen in Ferguson. Er habe kein Verständnis für Menschen, die ihre eigenen Gemeinden zerstörten, sagte Obama. Es gebe "keine Entschuldigung" für solche "kriminellen Akte". Gleichzeitig äußerte der Präsident aber Verständnis dafür, dass sich Angehörige von Minderheiten von der Polizei ungerecht behandelt fühlen. Das sei ein "amerikanisches Problem". Er rief die Demonstranten aber auf, "konstruktive" und friedliche Mittel zu wählen, um ihre Ziele zu erreichen und Probleme zu lösen.

Wilson sagte dem Sender ABC, dass er seinen Job "richtig gemacht" habe und wieder so handeln würde. Der Polizist beschrieb Brown als "kräftigen" Typen, der ihn attackiert und nach seiner Dienstwaffe gegriffen habe. "Er wollte mich töten", sagte er. In seiner Aussage vor der Grand Jury hatte Wilson den Jugendlichen mit einem wütenden "Dämonen" verglichen, der trotz der Schüsse auf ihn zugerannt sei.

Browns Eltern reagierten entrüstet auf Wilsons Interview. Die Äußerungen würden "alles nur noch schlimmer machen" und seien "so respektlos", sagte Browns Mutter Lesley McSpadden der "Today Show" im Sender NBC. Der Vater Michael Brown Senior erklärte die Version des Polizisten für "verrückt". Erstens sei sein Sohn stets respektvoll mit der Polizei umgegangen, sagte er. "Zweitens, wer würde bei vollem Verstand auf einen Polizeibeamten zustürmen, der seine Waffe gezogen hat?"

(ap/AFP)
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