Youtube-Video schon 6,5 Millionen Mal geklickt Film über Zwangsheirat einer Elfjährigen bewegt die Welt

Berlin · Das Mädchen spricht mit aufgeregter Stimme, es wirkt gehetzt. Auf Arabisch berichtet die Kleine in einem Videoclip von ihrer Flucht vor einer Zwangsheirat. Das Video landete auf der Internetplattform Youtube und wurde innerhalb weniger Tage mehr als sechseinhalb Millionen Mal geklickt.

 Angeblich stammt das Mädchen aus Jemen und flieht vor einer Zwangsheirat.

Angeblich stammt das Mädchen aus Jemen und flieht vor einer Zwangsheirat.

Foto: Screenshot Memri

Das Mädchen berichtet, es sei wegen der drohenden Verheiratung von seiner Familie weggelaufen und wolle jetzt bei seinem Onkel leben. Im Titel des Videos heißt es, das Kind sei elf Jahre alt und stamme aus dem Jemen. Woher die Aufnahme kam und wie alt sie möglicherweise ist, blieb zunächst unklar.

Hochgeladen wurde der knapp drei Minuten lange Film von einer Organisation namens Memri (Middle East Media Research Institut). Die Übersetzung des Videos aus dem Arabischen ist zwar völlig korrekt. Kritiker werfen dem Institut aber vor, die arabische Welt mit selektiven Übersetzungen von besonders krassen Zitaten oder Texten in ein schlechtes Licht rücken zu wollen.

Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter meldeten sich viele Nutzer zu Wort und prangerten Zwangsheiraten an. In arabischen Ländern verursachte das Video zunächst weder Debatten im Internet noch eine breite Berichterstattung in den Medien.

Das Kinderhilfswerk Unicef wollte das Video, das bis Mittwochmittag mehr als sechseinhalb Millionen Mal angeklickt worden war, nicht kommentieren - forderte aber weltweit ein gesetzliches Mindestheiratsalter von 18 Jahren. Das könne helfen, Zwangsehen von Kindern zu verhindern, sagte die Pressesprecherin von Unicef Deutschland, Ninja Charbonneau, der Nachrichtenagentur dpa.

"Es gibt viel zu viele Mädchen, die viel zu früh verheiratet und damit ihrer Kindheit beraubt werden und deren weiterer Lebensweg damit auch schon in sehr, sehr jungem Alter geprägt ist", fügte Charbonneau hinzu.

Weltweit 70 Millionen Minderjährige verheiratet

Weltweit hat laut dem Kinderhilfswerk Unicef jede dritte der 20- bis 24-jährigen Frauen als Minderjährige geheiratet - dies entspreche etwa 70 Millionen Menschen. Elf Prozent (23 Millionen Mädchen) hätten noch vor ihrem 15. Lebensjahr eine Ehe geschlossen. Meistens seien es Zwangsvermählungen gewesen.

Im Jemen heirateten 32 Prozent der 20- bis 24-Jährigen, bevor sie 18 Jahre alt wuren (Unicef, Stand 2006). Im selben Jahr waren es in Niger demnach sogar 75 Prozent. Für Deutschland sind in dieser Statistik keine Ehen dieser Art bekannt - Fachleute gehen jedoch von einer Dunkelziffer aus. Hierzulande sind Zwangsehen seit 2011 ein eigener Straftatbestand.

2009 wurde ein Fall aus dem Jemen bekannt, als sich ein zehn Jahre altes Mädchen die Scheidung von ihrem etwa 20 Jahre älteren Ehemann erkämpfte. Laut Unicef ist in mehr als 50 Staaten die Verheiratung von Mädchen unter 18 Jahren legal. Amnesty International berichtet, dass Zwangsehen nicht nur im islamischen Kulturkreis vorkommen: Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes habe Fälle etwa auch aus christlichen und hinduistischen Familien gemeldet.

(dpa)
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