Flüchtlingskrise Vater des ertrunkenen Aylan hält TV-Weihnachtsansprache

Düsseldorf · Das Bild des toten Flüchtlingsjungen Aylan Kurdi erschütterte die Welt. Jetzt wendet sich Aylans Vater mit einer Weihnachtsansprache im britischen Fernsehen an die Öffentlichkeit. Er fordert: Öffnet die Türen für Flüchtlinge!

Der Syrer Abdullah Kurdi verlor auf der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland seine Frau und seine beiden Söhne.

Der Syrer Abdullah Kurdi verlor auf der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland seine Frau und seine beiden Söhne.

Foto: ap

Drei Jahre war Aylan Kurdi alt, als er sich mit seinen Eltern und seinem Bruder auf die Flucht von Syrien nach Europa machte. Doch dort kam er nie an. Bei der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland kenterte das Boot, Aylan, sein Bruder und seine Mutter starben. Die Leichen der beiden Kinder wurden am Strand der türkischen Stadt Bodrum angespült. Das Foto des kleinen Jungen mit dem roten T-Shirt, der von einem Polizisten weggetragen wird - es ging um die Welt. Aylan wurde zum Gesicht der Flüchtlingskrise. Tausende Menschen trauerten um ihn, und die Politik versprach, dem Sterben der Flüchtlinge im Mittelmeer Einhalt zu gebieten.

Das ist jetzt drei Monate her, und geändert hat sich seitdem wenig. In der Nacht zu Mittwoch ertranken erneut zehn Menschen, als ihr Boot vor der griechischen Insel Farmakonisi in der Ägäis unterging. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Nach Angaben der Vereinten Nationen ertranken oder verschwanden allein im November etwa 3500 Menschen auf ihrer Überfahrt nach Europa.

Alyans Vater Abdullah Kurdi will das nicht länger mit ansehen. Er ist der einzige seiner Familie, der die Überfahrt im September überlebt hat. Jetzt wendet sich Kurdi mit einem Appell im britischen Fernsehen an die Öffentlichkeit. Darin zeigt er seine Gefühle als Flüchtling, vor allem aber als Vater.

Die britische Zeitung "The Telegraph" hat online einen Ausschnitt der Ansprache, die zu Weihnachten auf dem Sender Channel 4 zu sehen sein wird, veröffentlicht. Kurdi spricht Arabisch, seine Worte werden in Untertiteln ins Englische übersetzt. "Ich würde mir wünschen, dass die Welt ihre Türen für die Syrer öffnet. Wenn ein Mensch einem anderen die Tür vor der Nase zuschlägt, ist das sehr schwierig", sagt Kurdi. "Zu dieser Zeit des Jahres bitte ich sie, an den Schmerz der Mütter, Väter und Kinder zu denken, die Frieden und Sicherheit suchen. Wir bitten Sie um ein wenig Mitgefühl."

Hinterlegt sind Kurdis Worte mit Bildern von Flüchtlingskindern, einige weinen. Ob diese Bilder, die "The Telegraph" auf seiner Internetseite zeigt, auch bei der Ausstrahlung der Ansprache auf Channel 4 zu sehen sein werden, ist nicht bekannt.

In seiner Rede geht Kurdi auch noch einmal auf die Nacht ein, in der er seine Familie verlor. "Meine Familie und ich waren auf dem Weg nach Bodrum. Wir gingen auf dieses Boot, um nach Griechenland und von dort nach Deutschland oder Schweden zu reisen. Wir waren vier Minuten im Wasser, als das Boot kenterte und passierte, was passierte."

Nach dem Tod seines Sohnes hatte sich Abdullah Kurdi schon einmal an die Medien gewandt und ihnen die Geschichte der Flucht seiner Familie aus der syrischen Stadt Kobane erzählt. Schon damals appellierte er an die Öffentlichkeit: "Lasst dies das letzte Mal sein!"

Seine Weihnachtsansprache beendet Kurdi mit den Worten: "Ich wünsche Ihnen allen ein gutes Neues Jahr. Ich hoffe, dass nächstes Jahr der Krieg in Syrien enden und Frieden die Welt regieren wird".

Auf channel4.com finden Sie das vollständige Script der alternativen Weihnachtsansprache von Abdullah Kurdi. Die Ansprache wird am ersten Weihnachtsfeiertag um 15.35 Uhr ausgestrahlt.

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(lsa)
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