Reaktion auf Ungarns Grenzschließung Flüchtlinge nehmen jetzt Weg über Slowenien

Petisovci · Nach der Schließung der ungarisch-kroatischen Grenze sind am Samstag in Slowenien die ersten Busse mit Flüchtlingen aus Kroatien eingetroffen. Bis zum Mittag wurden an den Grenzstationen Petisovci und Gruskovje je 300 Flüchtlinge gezählt, im Laufe des Tages wurde mit der Ankunft von insgesamt 2400 Flüchtlingen gerechnet.

Kroatien und Slowenien wollen den Transportkorridor aufrechterhalten, solange Österreich und Deutschland die Flüchtlinge aufnehmen. "Ich gehe in jedes beliebige Land, wenn es dort nur ruhig ist", sagte der 40-jährige Said, der mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern in Petisovci eintraf. Dies sei erforderlich "für die Zukunft meiner Kinder". Die meisten eintreffenden Flüchtlinge waren junge Männer. Als Herkunftsländer dominierten Syrien, der Irak und Afghanistan. Die eintreffenden Flüchtlinge werden in Petisovci in einem großen weißen Zelt registriert und durchsucht. Slowenien bringt sie dann in das Flüchtlingslager Sentilj nahe der österreichischen Grenze.

Am Samstag herrschte eine gelassene Atmosphäre. Die slowenische Regierung teilte mit, sie habe 8000 Übernachtungsplätze geschaffen. Die Zahl der Plätze wurde zugleich als Richtwert für die maximale Zahl von täglich durchreisenden Flüchtlingen betrachtet. "Bis jetzt geht alles gut vonstatten", sagte die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Caroline van Buren. "Slowenien hatte - anders als andere Länder - Zeit zur Vorbereitung."

Die kroatische Bahngesellschaft kündigte an, am Nachmittag werde ein Zug mit 1800 Flüchtlingen in der Stadt Cakovek an der Grenze nach Slowenien ankommen. Slowenien werde seine Grenze nicht schließen, solange Deutschland seine Grenze nicht schließe, sagte die kroatische Außenministerin Vesna Pusic. Wenn jedoch Deutschland seine Grenze schließe, werde Kroatien dies auch tun. Dazu gebe es "keine Alternative".

Kroatien hatte angekündigt, Flüchtlinge künftig nach Slowenien umzulenken, nachdem Ungarn seine Grenze zu Kroatien in der Nacht zum Samstag komplett abriegelte. In den letzten Stunden vor der Schließung zogen rund 1500 Flüchtlinge zu Fuß durch den Schlamm an der Grenzöffnung Zakany. Gegen 1 Uhr Ortszeit riegelten ungarische Polizisten dort die Grenze mit Stacheldraht ab. "Geschlossen!", rief ein Soldat.

Innerhalb eines Monats waren rund 170.000 Flüchtlinge nach Ungarn gelangt, von wo sie ihre Reise fast ausnahmslos Richtung Österreich, Deutschland und Westeuropa fortsetzten. Ein ungarischer Regierungssprecher sagte, die grüne Grenze sei nun dicht, es werde aber weiterhin möglich sein, die Grenze "legal zu überqueren, um Asyl zu beantragen".

In der Ägäis ertranken mindestens 16 Flüchtlinge. Zwölf Menschen seien am Samstag ums Leben gekommen, als ihr in der Türkei gestartetes Boot auf dem Weg zur griechischen Insel Lesbos gesunken sei, meldete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. 25 Menschen hätten gerettet werden können. Zuvor hatte die griechische Küstenwache mitgeteilt, eine Frau und drei Kinder seien beim Kentern ihres Bootes vor der griechischen Insel Kalymnos ums Leben gekommen.

In diesem Jahr ertranken nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bereits knapp 300 Flüchtlinge in der Ägäis. Tödliche Bootsunglücke ereignen sich dort fast jeden Tag.

Liebe Leserinnen und Leser,

Ihre Meinung zu RP Online ist uns wichtig. Anders als sonst bei uns üblich gibt es allerdings an dieser Stelle keine Möglichkeit, Kommentare zu hinterlassen. Zu unserer Berichterstattung über die Flüchtlingskrise haben wir zuletzt derart viele beleidigende und zum Teil aggressive Einsendungen bekommen, dass eine konstruktive Diskussion kaum noch möglich ist. Wir haben die Kommentar-Funktion bei diesen Themen daher vorübergehend abgeschaltet. Selbstverständlich können Sie uns trotzdem Ihre Meinung sagen — per Facebook oder per E-Mail.

(AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort