"Fall Bleeken" Nach Gerichtsurteil wollen nun 15 weitere Häftlinge Sterbehilfe

Brüssel · Langzeit-Gefangene in Belgien haben infolge des Urteils des belgischen Berufungsgerichts den Tod statt jahrzehntelanger Freiheitsstrafe beantragt. Es gebe mittlerweile 15 entsprechende Anträge von Strafgefangenen, sagte der Vorsitzende der Ärztekommission für Sterbehilfe, Wim Distelmans der belgischen Zeitung "De Standaard".

 Häftling Frank Van Den Bleeken wurde Sterbehilfe zugesprochen.

Häftling Frank Van Den Bleeken wurde Sterbehilfe zugesprochen.

Foto: ap

Das Brüsseler Berufungsgericht hatte dem Häftling Frank Van Den Bleeken am Montag das Recht einer Tötung auf Verlangen zugestanden. Dieses muss nun noch in einer für den 29. September geplanten Anordnung formalisiert werden. Van Den Bleeken machte geltend, er sei psychisch unheilbar krank und eine Gefahr für die Gesellschaft. Nach eigenen Angaben leidet er an für ihn unerträglichen "psychischen Schmerzen".

Den Berichten zufolge hatten die belgischen Behörden eine angemessene psychologische Behandlung im Gefängnis nicht gewährleisten können. Unklar ist, wie eine solche Behandlung hätte aussehen können. Das belgische Justizministerium einigte sich daraufhin mit dem Anwalt des Häftlings auf eine Sterbehilfelösung. Der 50-Jährige sitzt wegen mehrerer Sexualdelikte seit fast 30 Jahren im Gefängnis.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte indes vor Euthanasie im Strafvollzug. Würde ein "Anspruch auf Tötung" legalisiert, schaffe sich dieses Angebot immer mehr Nachfrage, erklärte der Geschäftsführer der Stiftung, Eugen Brysch, in Berlin. Der Fall des belgischen Strafgefangenen zeige, was passiere, wenn der Staat keine Therapiemöglichkeiten bereithalte. "Dann wird nicht die Hilfe zum Leben, sondern der Weg in den Tod organisiert", so Brysch.

Im vergangenen Jahr nahmen in Belgien 1.807 Menschen Sterbehilfe in Anspruch. Das waren 27 Prozent mehr als 2012. Seit dem Frühjahr ist Belgien weltweit das erste Land, das für aktive Sterbehilfe keine Altersgrenze mehr vorgibt. Auch unheilbar kranke Kinder können unter bestimmten Umständen aktive Sterbehilfe bekommen. Erlaubt ist aktive Sterbehilfe in Europa auch noch in den Niederlanden und Luxemburg.

(KNA)
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