Schilderkampf im Großbritannien Für das Apostroph werden Briten zu Vandalen

London · Kleines Häkchen, großer Aufruhr. Damit Computer sie besser verstehen können, haben einige Städte damit begonnen, den Genitiv-Apostroph aus Straßennamen zu tilgen. Kings Road statt King's Road. Das Vorgehen stößt auf erbitterten Widerstand. Einige Sprachschützer greifen in ihrer Not nachts zum Pinsel.

Schilderkampf im Großbritannien: Für das Apostroph werden Briten zu Vandalen
Foto: afp, CC/mb ej

"Wenn sie jetzt die Apostrophe weglassen, dann sind als nächstes die Kommas dran", sagt Kathy Salaman von The Good Grammar Company, einer Organisation in Cambridge, die Unternehmensmitarbeiter in Rechtschreibung trainiert. Es gehe nicht darum, pedantisch zu sein, sondern Standards aufrecht zu erhalten.

Zu diesem Zweck rückten Verfechter der korrekten Sprache in der historischen Universitätsstadt bereits mitten in der Nacht aus und malten die Auslassungszeichen wieder auf die neuen Schilder. Sprachhüterin Salaman verteidigt die Aktion. "Wenn der Apostroph da hingehört, ist das, denk ich, kein Vandalismus. Es handelt sich vielmehr um Vandalismus an der Sprache."

Der Kampf um den Apostroph geht auf eine Empfehlung der Regierung in London zurück. Sie riet den Städten und Gemeinden, das Satzzeichen bei den Straßennamen zu streichen, um den Rettungsdiensten die Arbeit zu erleichtern. Anfang des Jahres starb ein Jugendlicher an einem Asthmaanfall, nachdem der Apostroph im Straßennamen für Verwirrung sorgte und die Rettungskräfte deshalb eine falsche Adresse ansteuerten.

"Die nationalen Richtlinien empfehlen, keine neuen Straßennamen zu vergeben, die Satzzeichen erfordern, da die Software mancher Rettungskräfte nicht gut damit zurecht kommt", sagt Tim Ward von der Stadtverwaltung in Cambridge. Nach dem heftigen Protest einiger Bürger machte die Stadt die Reform inzwischen aber wieder rückgängig.

Die nationalen Behörden befürworten hingegen weiterhin Straßennamen ohne Apostrophe, so wie es in anderen englischsprachigen Ländern üblich ist, den Vereinigten Staaten und Australien beispielsweise. Die letzte Entscheidung darüber liege jedoch bei den Gemeindeverwaltungen, heißt es bei GeoPlace, der Organisation, die für das britische Straßenverzeichnis zuständig ist. Für die Maschinenlesbarkeit und die Rettungsdienste wären ihrer Ansicht nach Straßennamen ohne Satzzeichen besser. Dutzende Stadtverwaltungen im ganzen Land folgten inzwischen diesem Rat und haben dem Apostroph den Kampf angesagt.

"Ich verstehe nicht, warum sie ihren Computern nicht beibringen können, Apostrophe zu erkennen", sagt dagegen John Richard, Gründer der Gesellschaft zum Schutz des Apostrophs. Er bedauert den allgemeinen Niedergang der englischen Sprache. "Ich finde, die Leute sind sehr faul oder ignorant und mit der Sprache geht's bergab, es wird immer schlimmer", sagt er. "Das ist ein schlechtes Vorbild, wenn die Lehrer unseren Kindern Zeichensetzung beibringen und dann sehen sie, wie die Straßenschilder mit Satzzeichen verschwinden."

(AFP)
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