Erstmals seit dem Babyboom der 60er Jahre Geburtenrate in den Industriestaaten steigt wieder

Rostock (RPO). In den Industrienationen nehmen weltweit die Geburtenraten wieder zu. Die Zeiten extrem niedriger Geburtenraten von weniger als 1,3 Kindern pro Frau seien vorbei, erklärten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock am Dienstag.

Inzwischen gebe es eine Trendwende hin zu mehr Geburten. Die Forscher begründen dies mit wirtschaftlich günstigeren Rahmenbedingungen - die aktuelle Finanzkrise ist allerdings noch nicht berücksichtigt.

Den Angaben zufolge waren im Jahr 2002 noch in 16 europäischen Ländern die Geburtenraten niedriger als 1,3 Kinder pro Frau. Im vergangenen Jahr habe nur noch Moldawien diese Marke unterschritten. Der Direktor des MPIDR, Joshua R. Goldstein, erklärte: "Zum ersten Mal seit dem Baby-Boom in den 1960er Jahren nehmen die Geburtenraten gleichzeitig in den entwickelten Ländern rund um die Welt zu."

Niedrige Raten der 90er waren Übergangseffekt

Die extrem niedrigen Raten der 90er Jahre seien nur ein Übergangseffekt gewesen, der dadurch hervorgerufen wurde, dass immer mehr Eltern immer später Kinder bekamen. Nun, da die Tendenz zur immer späteren Geburt abflaue, erholten sich auch die Geburtenraten wieder, erklärte das Institut.

Letztendlich seien die niedrigen Werte der 90er Jahre durch das Verschieben der Geburten auf spätere Jahre wohl nur ein rechnerischer Effekt gewesen - tatsächlich dürfte jedes Land mit ehemals extrem niedrigen Raten auf 1,5 bis 1,8 Kinder je Frau kommen.

Arbeitsmarkt hat großen Einfluss

Keine eindeutige Antwort konnten die Demografen auf die Frage geben, inwieweit wirtschaftliche und politische Gründe Paare dazu brachten, den aufgeschobenen Kinderwunsch doch noch umzusetzen. Der stärkste nachweisbare Einflussfaktor sei die Situation am Arbeitsmarkt: In Spanien oder Polen seien die Geburtenraten genau dann wieder geklettert, als die Arbeitslosenzahlen zurückgingen.

Schlechte Aussichten auf dem Arbeitsmarkt hätten außerdem in acht von neun Ländern zu sinkenden Geburtenraten geführt. Allerdings gebe es auch Ausnahmen, in Ungarn etwa sei die Geburtenziffer gestiegen, obwohl die Arbeitslosenzahl zunahm.

Auch beim Einfluss der Familienpolitik gab es den Angaben zufolge keine eindeutigen Nachweise. So stieg in Spanien die Zahl der Kinder pro Frau zwar deutlich um fünf Prozent, nachdem die Regierung 2007 einen Baby-Bonus von 2500 Euro pro Neugeborenem eingeführt hatte. Ähnliche Effekte seien auch aus Russland, Singapur und Australien bekannt.

Allerdings hätten andererseits in Tschechien höhere staatliche Zuwendungen für Familien keine Effekte gezeigt. "Um klar sagen zu können, ob und wie politische Maßnahmen wirken, muss weiter erforscht werden, welchen Einfluss anderen Faktoren gleichzeitig haben, und wie sie zusammenhängen", erklärte Goldstein.

(AFP/felt)
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