Tierschützer schlagen Alarm Kein Tier dieser Welt hat Lust auf ein Selfie

Düsseldorf · Fotos mit wilden oder seltenen Tieren sind heute beliebte Souvenirs aus dem Urlaub. Tierschützer schlagen Alarm: Viele Tiere sterben durch solche Aufnahmen. Ein Kodex für Wildlife-Selfies soll helfen.

 Ein Faultier hängt im Baum (Symbolbild).

Ein Faultier hängt im Baum (Symbolbild).

Foto: dpa

Zugegeben: Eine Foto mit einem Faultierbaby im Arm oder einer Schlange auf den Schultern hat seinen Reiz. Und natürlich möchte man diesen besonderen Augenblick aus dem Urlaub dann mit Familie, Freunden und Bekannten im Internet teilen. Vielleicht, um ein bisschen anzugeben. Vielleicht, weil man es einfach als großartig empfunden hat, einem seltenen Tier so nahe zu kommen. Was viele Touristen jedoch nicht wissen oder worüber sie sich keine Gedanken machen: Für die Tiere sind solche Aufnahmen kein Spaß. Nicht selten enden sie für die Exoten sogar tödlich.

Wie weit der Dschungel-Tourismus mit seiner Tier-Fotografie inzwischen geht, belegt eine Studie der internationalen Tierschutzorganisation Wild Animal Protection, über die unter anderem der "Guardian" berichtet. Die Tierschützer haben Instagram-Accounts untersucht und herausgefunden, dass die Zahl der Selfies mit Tieren, die auf der Online-Plattform veröffentlicht wurden, seit dem Jahr 2014 um 292 Prozent gestiegen ist. Zehntausende Fotos zeigten Instagram-Nutzer mit wilden Tieren.

Mehr als 40 Prozent dieser Aufnahmen stufen die Tierschützer als kritisch ein - etwa Fotos, auf denen jemand ein wildes Tier umarmt, hochhält oder auf andere Weise unangemessen mit ihm posiert. Mitarbeiter der Organisation reisten in Amazonas-Gebiete in Brasilien und Peru und recherchierten, unter welchen Bedingungen solche Aufnahmen entstehen. Schuld seien demnach oft unverantwortliche Touristenführer, die Urlaubern - meist gegen Geld - die Gelegenheit zu solchen Bildern anböten.

Dafür würden etwa Faultiere an Bäume gefesselt, Anacondas verletzt, Krokodil-Kiefer mit Bändern fixiert. Jungtiere würden von ihren Müttern weggerissen und unter Qualen gefangengehalten. Viele Tiere überstünden solche Aktionen nicht, sterben später an den Folgen.

Schlagzeilen hatte Anfang 2016 ein Delfin-Baby aus Argentinien gemacht, dem der Selfie-Eifer von Strandbesuchern den Tod brachte. Der kleine Franciscana-Delfin war in einem Badeort südöstlich von Buenos Aires in seichtem Wasser gefunden und an den Strand gebracht worden. Das Delfin-Baby wurde von Hand zu Hand weitergegeben und auf den Sand gelegt, während die Schaulustigen Selfies mit ihm schossen. Schließlich starb das Tier unter den Sonnenstrahlen an Dehydratisierung.

Gegen den Selfie-Wahn mit wilden Tieren hat World Animal Protection nun eine Kampagne ins Leben gerufen, der Nutzer sich anschließen können. Der "Wildlife-Selfie-Kodex" erklärt, wie Urlauber sich tierfreundlich verhalten: indem sie Tiere nur in Freiheit, in ihrem natürlichen Lebensraum und aus sicherer Entfernung fotografieren. Laut der Organisation haben sich bereits mehr als 250.000 Menschen registriert.

Auch Instagram hat reagiert: Seit Montag schlägt die Online-Plattform Alarm, wenn jemand nach Hashtags wie #slothselfie oder #koalaselfie sucht. Nutzern wird dann eine Warnmeldung angezeigt.

(oko)
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