Flutkatastrophe Gemeinsame Trauer zum Jahreswechsel

Colombo (rpo). Urlauber und Einheimische haben in den den Katastrophengebieten von Südostasien um Mitternacht der Toten gedacht. Mit Trauer und Verzweiflung haben Überlebende der Flutkatastrophe den Beginn des neuen Jahrs begangen. Derweil ist die Zahl der registrierten Opfer der verheerenden Flutwelle auf rund 121.000 angestiegen. Die UNO schätzt die Gesamtzahl der Toten auf über 150.000.

Im einstigen Touristen-Amüsierviertel Patong Beach auf der thailändischen Insel Phuket, die von der Flutwelle besonders stark verwüstet wurde, trauerten Urlauber und Einheimische um Mitternacht gemeinsam um die Toten. In Nachtbars und Diskos herrschte gedämpfte Stimmung, in stiller Andacht gingen hunderte Menschen zum Jahreswechsel auf die Straße und umarmten sich in Tränen. "Zum Feiern ist hier keinem zumute", sagte der britische Urlauber Julian Burgess. "Die Leute werden sitzen und sich still betrinken."

In sprachloser Verzweiflung verharrten diejenigen, die ihre Liebsten verloren haben - so wie der Franzose Nicolas Debray, der seinen fünf Monate alten Sohn und seine 80-jährige Großmutter verlor. "Ich weiß nicht, wann das neue Jahr ist, ich will nicht darüber reden", sagte der 28-jährige im Krankenhaus. Im Kopf hat er immer nur das eine Bild, wie die Riesenwelle über das Strandidyll hineinbrach und alles zerstörte: "Der Bungalow brach über uns zusammen und wir wurden anderthalb Kilometer ins Land hineingespült, wie in einer Waschmaschine."

Der australische Barbesitzer Garry Russell sagte, dass die Gastronomen der Insel lange diskutiert hätten, ob sie an Silvester überhaupt geöffnet haben sollten. "Aber angesichts der grauenhaften Wirklichkeit gibt es ein Verlangen nach Normalität, nach Zerstreuung". Auf der Kneipenstraße von Patong gedachten derweil Urlauber mit Kerzen an die Toten und Vermissten, Animierdamen und Transvestiten aus den Amüsieretablissements gingen mit Spendenbüchsen durch die Straßen.

EU-Entwicklungskommissar warnt vor "zweiter Katastrophe"

Vor seiner Reise in die asiatische Krisenregion hat EU-Entwicklungskommissar Louis Michel vor einer "zweiten Katastrophe" gewarnt, sollte die internationale Gemeinschaft in ihren Hilfsanstrengungen nachlassen. "Wir müssen sicherstellen, dass die Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft fortgesetzt und sogar noch verstärkt werden, wenn die Fernsehkameras nicht mehr auf die Strände von Phuket oder die Fischerdörfer in Sri Lanka gerichtet sind", appellierte Michel im Gespräch mit der "Bild am Sonntag". "Wenn der Wiederaufbau zu lange auf sich warten lässt, werden wir eine zweite Katastrophe erleben. Wir tagen also eine enorme Verantwortung."

Zugleich rief Michel dazu auf, internationale Hilfe künftig stärker auf die Prävention von Naturkatastrophen zu konzentrieren. "Die internationale Hilfe, auch die der Europäischen Union, muss sich stärker auf Naturkatastrophen konzentrieren: deren Verhinderung und die Vorbereitung darauf", sagte Michel. Als Beispiel nannte er das EU-Programm ECHO, in dessen Rahmen bereits die Entwicklung eines Tsunami-Warnsystems im Indischen Ozean gefördert werde.

Bei der Flutkatastrophe sind nach Einschätzung der Vereinten Nationen bis zu 150.000 Menschen gestorben. Wahrscheinlich werde nie genau geklärt werden können, wie viele Menschen bei der Naturkatastrophe tatsächlich starben, sagte UN-Krisenkoordinator Jan Egeland am Freitag in New York. "So viele namenlose Fischer und Dörfer sind ganz einfach verschwunden, und wir werden nie herausfinden, wie viele es waren." Die größte Zahl der Opfer sei ausgerechnet in der indonesischen Provinz Aceh zu beklagen, "die wegen der logistischen Hürden die bislang am wenigsten erkundete Region ist".

Die amtlich veröffentlichten Zahlen von Todesopfern nach Ländern:

Die Zahl der registrierten Todesopfer nach der verheerenden Flutwelle in Asien ist bis Freitag auf mehr als 121.000 gestiegen. Tausende Menschen wurden weiterhin noch vermisst.

- Indonesien: 80.246

- Sri Lanka: 28.551

- Indien: 7.736

- Thailand: 4.560

- Somalia: 200

- Birma: 90

- Malediven: 73

- Malaysia: 66

- Tansania: 10

- Bangladesch: 2

- Kenia: 1

(ap)
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