Gewissheit für Angehörige Grausiger Anblick, Gestank: Experten identifizieren Flutopfer

Phuket (rpo). Der Verwesungsgeruch liegt schier unerträglich über dem Katastrophengebiet. Erst am Samstag hat auf der thailändischen Ferieninsel Phuket die systematische Identifizierung von hunderten Opfern der Flutwellen begonnen. Experten verschiedener Nationen leisten Unmenschliches. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit.

"Wir sind spät in Gang gekommen, aber es ist das erste Mal, dass es so viele Opfer aus so vielen Ländern gab. Und nur wenn alle der gleichen Methode folgen, können wir die DNA-Proben identifizieren", sagt ein französischer Polizist in Phuket. Der grausige Anblick, der Gestank und das Seuchenrisiko müssen nach Einschätzung der meisten Staaten in Kauf genommen werden: Nur wenn sie Gewissheit erlangen, können die Angehörigen der Opfer ihre Trauerarbeit beginnen.

"19 Länder gehen jetzt gemeinsam vor", verkündet der thailändische Polizeioberst Pornprasert Kanchanarin am Samstag erleichtert. "Mehr als 300 Personen arbeiten nach den gleichen Anweisungen und unter gemeinsamer Führung." Auch bei vielen Experten ist Erleichterung zu spüren, da einige schon seit mehreren Tagen auf ihren Einsatz gewartet haben. Nun gehen sie endlich ihrer grässlichen Aufgabe nach: Mit sterilen Overalls, Handschuhen, Brillen und Mundschutz, den einige mit Parfüm besprühen, beugen sie sich über die schon stark verwesten Leichen. Erst seit Freitag wurden viele Tote in Kühlcontainern gelagert, die anderen mit flüssigem Stickstoff übergossen, um die Zersetzung in der tropischen Hitze und Feuchtigkeit zu verlangsamen.

Bei den meisten Opfern ist die Entnahme eines Fingerabdruckes wegen der fortgeschrittenen Verwesung nicht mehr möglich. Das einheitliche Vorgehen besteht mittlerweile darin, Zahnabdrücke zu machen und Splitter aus dem Oberschenkelknochen zu entnehmen. Jede Leiche wird dann mit einem elektronischen Chip versehen, damit sie wiedergefunden werden kann. Die DNA-Proben werden bei der Polizei in Phuket gesammelt. An mehreren Sammelstellen können sich Angehörige von Vermissten Blutproben entnehmen lassen, die für einen Abgleich genügen. Allein die Erhebung der Daten dürfte Tage und Wochen dauern, doch am langwierigsten wird dann der Abgleich mit den Daten in den verschiedenen Ländern - eine Frage von Monaten.

Deutsche und österreichische Gerichtsmediziner in Mai Khao

Deutsche und österreichische Gerichtsmediziner arbeiteten am Samstag in der kleinen Stadt Mai Khao, an der Grenze zwischen den Provinzen von Phuket und Phan Nga. In diesen beiden Urlaubsgebieten hatten die Flutwellen mit besonderer Wucht zugeschlagen - hunderte Deutsche werden hier noch vermisst. Unter einem riesigen Zelt geben die deutschen und österreichischen Fachleute ihre Ergebnisse in Computer ein. Um keine Zeit mehr zu verlieren, werden die Experten mittlerweile per Hubschrauber von einem Ort an den anderen gebracht.

Der Wettlauf mit der Zeit wird dabei schwer zu gewinnen sein: Vor allem das Seuchenrisiko steigt mit jedem Tag. Dennoch haben die thailändischen Behörden zugesagt, die Leichen von Ausländern nicht zu verbrennen, solange sie nicht von den Experten erfasst sind. Oberst Pornprasert ruft am Samstag erneut alle Länder auf, weiter unter gemeinsamer Führung zu arbeiten: "Alle müssen sich gegenseitig unterstützen. Wenn jeder auf eigene Faust vorgeht, wird es Probleme geben."

(afp)
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