Großbrand in London Feuerwehr rettet Dutzende aus brennendem Hochhaus

London · Bei dem Großbrand am Grenfell Tower im Stadtteil Kensington sind mindestens 12 Menschen umgekommen. Offenbar konnte die Feuerwehr aber Dutzende Menschen aus dem Gebäude retten. Bei den Löscharbeiten spielten sich dramatische Szenen ab.

London: Brand im Grenfell-Hochhaus
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Großbrand in Londoner Hochhaus

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Es sei damit zu rechnen, dass es noch weitere Todesopfer gebe, teilte Scotland Yard am Mittwochabend mit. Nach Angaben der Rettungskräfte wurden bisher mindestens 79 Patienten in Kliniken behandelt, 18 von ihnen seien in einem kritischen Zustand.

Die Feuerwehr sucht seit Stunden nach Überlebenden im Gebäude. Nach eigenen Angaben rettete sie 65 Menschen aus den Flammen. Die Brandschützer hätten inzwischen alle 24 Stockwerke des Gebäudes erreicht, sagte ein Sprecher Reportern am Mittwoch.

Das Feuer war in der Nacht zu Mittwoch ausgebrochen, am frühen Morgen stand der Grenfell Tower im Stadtteil Kensington lichterloh in Flammen. Trotz der Katastrophe blieb das Hochhaus mit seinen 24 Stockwerken bis zum Abend stabil genug, um darin nach eingeschlossenen Menschen zu suchen. Ein Experte überprüfe laufend die Statik des Grenfell Towers, sagte Londons Feuerwehrchefin Dany Cotton.

Die Feuerwehr war mit rund 200 Einsatzkräften und 45 Fahrzeugen im Einsatz. Feuerwehrkommandantin Dany Cotton sprach von einem beispiellosen Brand. In ihren 29 Jahren bei der Feuerwehr sei so etwas noch nie passiert. Die Notfalldienste schickten 100 Mediziner.

Eine Augenzeugin berichtete, eine verzweifelte Frau habe ihr Baby aus einem Fenster im neunten oder zehnten Stock geworfen. "Ein Gentleman rannte los und schaffte es, das Baby zu greifen", sagte Samira Lamrani der britischen Nachrichtenagentur PA.

"Wir sahen Menschen, die schrien", sagte Augenzeugin Nassima Boutrig, die gegenüber von dem brennenden Gebäude lebt. Viele Menschen hätten nach Hilfe gerufen, doch die Einsatzkräfte hätten nur in den unten gelegenen Stockwerken helfen können. "Das Feuer war oben, oben, oben. Sie konnten das Feuer nicht stoppen."

George Clarke, der im britischen Fernsehen die Serie "Amazing Spaces" moderiert, sagte Radio 5 Live, dass er in Asche gehüllt gewesen sei, obwohl er 100 Meter entfernt von dem Geschehen war. Er habe Menschen gesehen, die Taschenlampen aus den oberen Stockwerken geschwenkt hätten, um Hilfe zu bekommen. Rettungskräfte hätten einen "unglaublichen Job" gemacht, um die Leute aus dem Gebäude zu holen.

Augenzeuge Tim Downie sagte der PA, dass er Angst gehabt habe, das Gebäude würde einstürzen. "Es war das Schrecklichste, was ich je gesehen habe", sagte er. "Ich hoffe nur, dass sie alle herausgeholt haben." Helfer brächten Essen, Wasser und Kleidung für die Menschen, die aus dem Gebäude fliehen müssten.

Statiker stellten laut Feuerwehr fest, dass das Gebäude nicht unmittelbar vom Einsturz bedroht war. In den Straßen um das Gebäude wimmelte es von Krankenwagen und Feuerwehrfahrzeugen. Hubschrauber kreisten in der Gegend. Bewohner benachbarter Gebäude mussten ihre Wohnungen verlassen. Erschöpfte Feuerwehrleute streckten sich auf dem Bürgersteig aus.

Für die Evakuierten richtete die Polizei in der nahe gelegenen St.-Clemens-Kirche eine Erstunterkunft ein. Viele Menschen dort saßen in Rollstühlen, andere suchten nach Freunden oder Verwandten. Mays Büro erklärte, die Premierministerin betrauere den tragischen Tod von Menschen und lasse sich über die Entwicklung auf dem Laufenden halten.

Bürgermeister Sadiq Khan sagte, die Unglücksursache müsse genau untersucht werden. Wütende Anwohner berichteten, sie hätten die Behörden seit 2013 auf Brandgefahren hingewiesen. Der Notfallzugänge seien blockiert gewesen, Ausrüstung zur Feuerbekämpfung nicht instand gehalten worden. "Alle unsere Warnungen stießen auf taube Ohren" kritisierte die Grenfell Action Group. Eine Katastrophe sei nur eine Frage der Zeit gewesen.

(isw/ap)
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