Aktivisten fürchten um Monumente des Perserreichs Iran: Stausee bedroht Kyros-Grab

Teheran (RPO). Iranische Behörden haben heftiger Proteste zum Trotz begonnen, einen großen Stausee im Süden des Landes zu fluten. Nach Ansicht von Kritikern sind dadurch bedeutende Monumente der alten Perserreiche bedroht. Aktivisten befürchten, die entstehende Feuchtigkeit könnte das Kalkstein-Grab von König Kyros dem Großen gefährden.

 Stimmte dem Fluten zu: Präsident Mahmoud Ahmadinedschad.

Stimmte dem Fluten zu: Präsident Mahmoud Ahmadinedschad.

Foto: AFP, AFP

Das Grab liegtnur sieben Kilometer vom Staudamm entfernt in der einstigen Achämeniden-Hauptstadt Pasargadae. Umsonst legten tausende Aktivisten Protest ein: Anfang Mai gab Präsident Mahmud Ahmadinedschad bei einem Besuch vor Ort grünes Licht. Kritik, die islamische Führung kümmere sich nicht um das vor-islamische Kulturerbe des Landes, weisen die Behörden zurück.

Bergpass versinkt im Wasser

Der Stausee soll 9000 Hektar Ackerland fruchtbar machen und außerdem Energie produzieren. Dafür wird der Bergpass Tange Bolaghi teilweise im Wasser versinken - ein Gebiet, in dem Siedlungen aus der Zeit 5000 vor Christi ausgegraben wurden. Die meisten Sorgen aber machen sich die Umweltschützer um das Grab Kyros des Großen, einem zehn Meter großen Bau, der aus den Ruinen der alten Achämeniden-Hauptstadt herausragt. Der Gründer des Achämenidenreichs aus dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert wird in Iran auch heute noch verehrt, zumal er bei einigen Experten als Urheber der ersten universalen Erklärung der Menschenrechte gilt. Die UN-Kulturorganisation UNESCO hatte Pasargadae 2004 zum Weltkulturerbe erklärt.

Zu den Gegnern des Stausees zählen auch Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi und der Menschenrechtsanwalt Mohammad Ali Dadcha. Sie haben im Namen von 3000 iranischen Bürgern den Chef der Organisation für das Kulturerbe, Rahim Maschai, sowie Energieminister Parvis Fattah verklagt. "Die Flutung muss sofort gestoppt werden, aber obwohl die Frage drängt, hat das Gericht immer noch keine Entscheidung getroffen", klagt Dadcha. "Wir haben Expertisen und Dokumente, die beweisen, dass der Staudamm das natürliche Gleichgewicht der Region beeinträchtigt und das Grab beschädigen wird."

Iran stehe vor der Wahl zwischen einem Stausee, der nur kurzfristigen Nutzen bringe, und einem Kulturerbe, das Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf ewig verbinde, warnt der Anwalt. Dadcha und andere Aktivisten werfen der Regierung vor, sie interessiere sich nicht für die historischen Monumente aus der Zeit vor dem Islam. Die Organisation für das Kulturerbe weist das zurück: "Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Es gibt absolut keinen Unterschied zwischen vor- und nach-islamischen Monumenten", versichert der Chef der Forschungsabteilung, Taha Haschemi.

Experten untersuchen Stausee-Projekt

Laut Haschemi wurden zahlreiche ausländische Experten eingeladen, um die Folgen des Stausee-Projekts für die Region zu untersuchen. "Wir hoffen, dass wir innerhalb weniger Monate genügend Informationen haben, um entscheiden zu können, ob wir das Fluten stoppen müssen", versichert er. Nach seinen Angaben muss das Energieministerium die Arbeiten sofort beenden, "wenn es auch nur den geringsten Hinweis gibt, dass die Feuchtigkeit das Grab beschädigen könnte."

Die Flutung kann bis zu einem Jahr dauern. Dann soll der Stausee sich auf eine Länge von elf Kilometern hinziehen und 92 Millionen Kubikmeter Wasser führen. Die Regierung will auf diese Weise 9000 Hektar Ackerland gewinnen und einen Versalzungsprozess aufhalten, der weitere 28.000 Hektar Anbaugebiete bedroht. Die Ausgrabungsstätten, die dabei überflutet werden, seien von Archäologen vollständig bearbeitet und geleert worden, versichert Haschemi. Aus Tange Bolaghi sei nichts mehr zu holen: "Alle Ausgrabungsteams haben uns schriftlich gegeben, dass die Flutung keinerlei Probleme verursachen wird."

(afp)
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