Abtreibungsverbot in Irland Hirntote Schwangere darf nach Gerichtsbeschluss sterben

Dublin · Der Fall einer hirntoten Schwangeren deckt im katholischen Irland Lücken beim geltenden Abtreibungsverbot auf. Nach dem Gesetz muss das Leben von Mutter und Kind geschützt werden - egal, ob der Fötus überlebensfähig ist. Kirche und Politiker fordern mehr Klarheit.

Eine irische Klinik hat die künstliche Ernährung und Beatmung einer hirntoten Schwangeren eingestellt. Sie folgte damit am Freitagabend einer Gerichtsentscheidung, die es gestattete, die klinisch tote Frau nicht länger an Maschinen angeschlossen zu lassen. Es sei klar, dass der 18 Wochen alte Fötus trotz fortgesetzter künstlicher Beatmung nicht bis zur Geburt überleben werde, hatten die drei Richter des High Courts in Dublin zuvor entschieden.

Grund für den Rechtsstreit ist die Verfassung, die das Lebensrecht ungeborener Kinder betont und die Ärzte der Frau in tiefe Gewissenskonflikte gestürzt hatte. Gesundheitsminister Leo Varadkar sagte, die Regierung werde den Gerichtsbeschluss prüfen. Er selbst befürwortet mehr Ausnahmen vom generell geltenden Abtreibungsverbot in dem vorwiegend katholischen Land. Seit einer ersten Lockerung 2013 ist ein Schwangerschaftsabbruch nur erlaubt, sofern das Leben der Frau nach Einschätzung von Ärzten ernsthaft in Gefahr ist.

Während die Angehörigen am Abend Abschied von der Toten nahmen, kritisierte die katholische Kirche, dass der Gesetzgeber keine klaren Anweisungen für Fälle erlassen habe, in denen eine Schwangere stirbt und der Fötus nicht allein überleben kann. "Eine Frau ist nicht einfach ein Brutkasten", sagte der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin. Man müsse sehen, wie weit der Fötus entwickelt sei und welche Möglichkeiten es gebe. "Es gibt keine Verpflichtung, außerordentliche Maßnahmen zur Lebenserhaltung zu ergreifen. Das gilt für beide - die Frau und das Kind", sagte Martin.

Die Schwangere, die Ende 20 war und zwei Kinder hatte, erlitt bei einem Sturz schwere Kopfverletzungen und wurde am 3. Dezember für hirntot erklärt. Zuvor war sie bereits wegen einer Zyste im Gehirn im Krankenhaus behandelt worden. Trotz des festgestellten Hirntods weigerten sich die Ärzte, auf die Bitte der Familie einzugehen und rund sechs lebenserhaltenden Geräte abzuschalten: Wegen der strikten Gesetzeslage fürchtete sie, wegen Fahrlässigkeit oder sogar Mordes an dem Fötus vor Gericht gestellt zu werden. Daher mussten die Richter entscheiden, ob die Frau so lange an die Geräte angeschlossen bleiben solle, bis das Baby entbunden werden könne. Ein Baby ist in der Regel mit rund 24 Wochen selbst lebensfähig.

In ihrem 29-seitigen Urteil folgten die Richter den Argumenten von sieben Ärzten, die als Zeugen ausgesagt hatten. Demnach wäre der Zustand des Körpers der Frau eine zunehmende Gefahr für den Fötus geworden: Neben Fieber und hohem Blutdruck sei er vollgepumpt mit Medikamenten, die für Schwangere nicht zugelassen seien, hatten die Mediziner gesagt. Es wäre grotesk, eine solche Behandlung fortzusetzen. Die Frau selbst ähnele gar nicht mehr ihrem Foto am Krankenbett, sagte einer der Befragten.

Das Gericht ließ mit seinem Beschluss aber offen, ob in anderen Fällen von hirntoten Schwangeren anders entschieden wird, wenn sich der Fötus entscheidend näher am überlebensfähigen Alter befindet.

Immer mehr irische Parlamentsabgeordnete sind dafür, Abtreibungen in Fällen von Vergewaltigung, tödlicher Missbildungen eines Fötus oder langfristiger gesundheitlicher Risiken für die Frau zu erlauben. In der vergangenen Woche lehnten Parlamentarier aber mit überwältigender Mehrheit einen Antrag der Opposition ab, Abtreibungen ganz zu legalisieren.

(ap)
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