Terrormiliz Islamischer Staat Frauen im IS: Rechtlose Sklavin, unverzichtbare Informantin

Washington · Die eine ist unverzichtbar für den Austausch vertraulicher Informationen unter den IS-Führern. Die andere wird für den Preis von einer Schachtel Zigaretten verkauft. Über die Rolle der Frau innerhalb der Terrormiliz "Islamischer Staat" ist bislang wenig bekannt. Jetzt sind zwei neue Berichte aufgetaucht, die sich allerdings komplett widersprechen.

Isis/IS - Islamischer Staat im Irak und Syrien
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Foto: dpa, sdt moa

Wenn in den Medien etwas über die Terrormiliz "Islamischer Staat" berichtet wird, geht es meist um Männer. Doch auch Frauen spielen beim IS eine Rolle, wie zwei Medienberichte von der "New York Times" und dem "Guardian" nahe legen. Auffällig ist allerdings: Die Bilder, die die Berichte von der Rolle der Frau im IS zeichnen, könnten unterschiedlicher kaum sein.

Den einen Bericht zur Rolle der Frau innerhalb des IS liefern die US-Geheimdienste. Der "New York Times" zufolge ist es ihnen offenbar gelungen, am 16. Mai bei einem Angriff in der Stadt Amr im Osten Syriens den hochrangigen IS-Fürsten Abu Sayyaf zu töten und seine Frau, Umm Sayyaf, gefangen zu nehmen. Auch zahlreiche Laptops, Mobiltelefone und Dokumente nahmen die Amerikaner bei dem Angriff an sich. Aus ihnen sollen laut "New York Times" neue Informationen zu Hierarchie und Organisationsstruktur des IS, ihren Finanzen und ihren Sicherheitsmaßnahmen hervorgehen. Außerdem habe Umm Sayyaf in Verhören Informationen geliefert, die für die Geheimdienste noch wertvoll sein könnten.

Eine Rolle: Die Frau als Informantin

So entstand der Name der Terrormiliz Islamischer Staat (IS)
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Foto: ap

Die Informationen, die aus dem Material über die Rolle der Frauen der IS-Mitglieder hervorgehen, sind aufschlussreich und werfen ein neues Licht auf die Organisation der Terrormiliz. Denn laut "New York Times" sind es die Frauen, die die wichtigste Rolle für eine sichere Kommunikation innerhalb des IS spielen. Sie tauschen untereinander Informationen aus und geben diese an ihre Männer weiter. Mobiltelefone, die von feindlichen Spionen abgehört werden könnten, werden so nicht mehr gebraucht.

Diese Methode der Kommunikation ist denkbar trivial, doch mindestens ebenso effizient. Die Frauen treffen sich auf der Straße, auf dem Markt oder besuchen sich gegenseitig. Im direkten Gespräch können Informationen unter vier Augen ausgetauscht werden. Diese tragen die Frauen dann zu ihren Männern und geben sie wiederum im direkten Gespräch weiter.

Wenn es stimmt, dass die Kommunikation innerhalb des IS zu bedeutenden Teilen über die Frauen läuft, wirft das ein völlig neues Licht auf deren Position innerhalb der hierarchisch organisierten und — so glaubte man bislang — strikt männerdominierten Terrormiliz. Denn die Informationen, die die Frauen erhalten, geben ihnen Macht. Sie entscheiden, was sie von dem Gehörten an ihre Männer weitergeben — und was sie ihnen vielleicht vorenthalten. Ihre offenbar zentrale Rolle innerhalb des Kommunikationsapparates des IS gibt ihnen die Möglichkeit, Einfluss auf das Handeln und die Entwicklung der Terrormiliz zu nehmen.

Die andere Rolle: Die Frau als Sklavin

Das sind die Verbündeten im Kampf gegen IS
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Foto: afp, FC

Dieser Eindruck, der aus dem von den US-Geheimdiensten bei Abu Sayyaf gesammelten Material gewonnen werden kann, steht allerdings in krassem Widerspruch zu einem aktuellen Bericht einer UN-Gesandten. Die britische Zeitung "The Guardian" zitiert Zainab Bangura mit den Worten, Mädchen würden vom IS "zum Preis von einer Schachtel Zigaretten" verkauft. Bangura zufolge, die im April für die Vereinten Nationen im Irak und in Syrien war, ist die Herabsetzung von Frauen und jungen Mädchen durch sexuelle Gewalt ein wichtiger Teil der Strategie des IS, im Irak und in Syrien neue Terror-Kämpfer zu rekrutieren.

Dem "Guardian" zufolge sprach Bangura mit Frauen, die dem IS entkommen konnten. Der IS versuche, Männer für den Kampf gegen den Terror zu locken, indem er ihnen Frauen, vorzugweise Jungfrauen, anbietet. "So locken sie die jungen Männer an: Sie sagen, wir haben Frauen für dich, die auf dich warten, Jungfrauen, die du heiraten kannst", zitiert der "Guardian" Bangura. Der Krieg des IS sei ein "Krieg, der auf dem Rücken von Frauen ausgetragen wird", sagte die UN-Gesandte laut "Guardian" weiter.

Zwei Ausführungen zur Rolle der Frauen innerhalb der IS, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Vermutlich stimmen beide. Vor allem bei Frauen, die mit ranghohen IS-Vertretern verheiratet sind, ist es vorstellbar, dass sie auf ihre Männer Einfluss nehmen können und damit selbst Macht innerhalb der Terrormiliz zu erlangen. Frauen dagegen, die die IS-Krieger auf ihren grausamen Feldzügen durch den Irak und durch Syrien gefangen nehmen, sind den Männern hilflos ausgeliefert. Sie sind die Frauen, von denen die UN-Gesandte berichtet.

(lsa)
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