Französische Experten widersprechen Schweizern Arafat wurde laut Ermittlern nicht vergiftet

Nanterre · Französische Experten haben die Giftmord-These zum Tod des früheren Palästinenserführers Jassir Arafat zurückgewiesen. Damit widersprechen sie einem ersten Gutachten aus der Schweiz.

Der Politiker sei im November 2004 im Alter von 75 Jahren in einem Militärkrankenhaus bei Paris nach einer Infektion an Altersschwäche gestorben, hieß es am Dienstag aus Ermittlungskreisen in Paris. Eine Vergiftung sei auszuschließen.

Die französischen Wissenschaftler hatten im November 2012 zusammen mit Kollegen aus der Schweiz und aus Russland Gewebeproben Arafats aus dessen Grab in Ramallah im Westjordanland entnommen. Während die Schweizer Experten zu dem Ergebnis gelangten, dass Arafat wahrscheinlich mit der hochgiftigen Substanz Polonium 210 umgebracht wurde, konnten die russischen Experten dies nicht bestätigen.

"Ich bin fassungslos angesichts der Widersprüche. Was soll ich denken?", sagte Suha Arafat am Dienstagabend in Paris. Sie werde deswegen vorerst niemanden beschuldigen.

Israel bezeichnete die Ergebnisse der Untersuchung in Frankreich als "nicht überraschend". "Wir hoffen, dass man Arafat nun endlich in Frieden ruhen lässt", sagte Paul Hirschson vom israelischen Außenministerium in Jerusalem der Nachrichtenagentur dpa. Die Mehrheit der Palästinenser ist überzeugt, dass Arafat von Israel vergiftet wurde. Israel hat dies stets bestritten.

Wissenschaftler vom Institut für Radiophysik der Uni-Klinik von Lausanne (CHUV) hatten in den Proben aus dem Grab Arafats Hinweise auf Polonium 210 gefunden. Zugleich wiesen sie aber darauf hin, es gebe keine letzte Sicherheit über die Todesursache.

Laut Arafats Witwe kommen die französischen Experten nun zu dem Schluss, dass die entdeckten Spuren von Radioaktivität von dem in der Natur vorkommenden Gas Radon stammen. Es wird aus Gestein und Böden freigesetzt und kann sich in geschlossenen Räumen wie Bergwerken oder Häusern ansammeln.

Der Leiter der palästinensischen Untersuchungskommission zum Tode Arafats, Tawfik Tirawi, kündigte in Ramallah an, er werde in Kürze die Schuldigen für den Tod des Palästinenserführers benennen. Er hatte wiederholt Israel beschuldigt.

Der Anwalt von Arafats Witwe forderte die französischen Ermittler auf, ihre Ergebnisse mit denen aus der Schweiz abzugleichen. "Die Experten müssen es schaffen, uns eine gemeinsame Schlussfolgerung zu liefern", sagte Pierre-Olivier Sur am Dienstagabend.

Israel nicht "überrascht"

Die israelische Regierung sieht "keine Überraschung" in den französischen Untersuchungsergebnissen, dass Palästinenserführer Jassir Arafat nicht vergiftet wurde. Damit sei zu rechnen gewesen, sagte der Sprecher des israelischen Außenministeriums Jigal Palmor am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Der Vorsitzende der palästinensischen Untersuchungskommission zu Arafats Tod, Taufik Tiraui, erklärte auf Anfrage: "Wir müssen erst den Bericht aus Paris vorliegen haben, um das zu bewerten." Aus der Palästinenserführung verlautete, der neue Befund werde wegen der Vorgeschichte skeptisch beurteilt.

(dpa/afp)
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