Migration Jetzt stoppt Slowenien die Flüchtlinge

Ljubljana/Zagreb · Wieder stehen Tausende Flüchtlinge vor geschlossenen Grenzen: Diesmal senkt Slowenien die Schlagbäume. Die Polizei hat mehr als 2000 Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Österreich und weiter nach Deutschland gewaltsam gestoppt.

 Flüchtlingskinder an der slowenischen Grenze suchen Schutz unter einer Plane.

Flüchtlingskinder an der slowenischen Grenze suchen Schutz unter einer Plane.

Foto: ap

Sloweniens Aufnahmekapazitäten seien erschöpft, erklärte die Polizei zur Begründung am Montag in Ljubljana. Vor den geschlossenen Grenzübergängen campierten Tausende frierende und durchnässte Menschen. Sie versuchten, sich mit Decken und Planen vor dem Dauerregen zu schützen und zündeten kleine Feuer an, um sich zu wärmen.

Die Flüchtlinge und Migranten waren in Kroatien mit einem Zug an die Grenze bei Sredisce ob Dravi gebracht worden. Als die Menschen versuchten, die grüne Grenze illegal zu überqueren, spielten sich laut dem kroatischen Nationalfernsehen dramatische Szenen ab. Nachdem Ungarn seine Grenze zu Kroatien geschlossen hatte, waren die Flüchtlinge seit dem Wochenende über Slowenien umgeleitet worden.

Slowenien will nur bis zu 2500 Flüchtlinge pro Tag aufnehmen, registrieren und nach Österreich weiterleiten. Das österreichische Innenministerium dementierte die slowenische Darstellung, das Alpenland habe die Einreise auf 1500 Flüchtlinge am Tag begrenzt. Eine solche Obergrenze gebe es nicht, sagte ein Sprecher. Derzeit kommen demnach pro Tag im Schnitt deutlich unter 1000 Flüchtlinge von Slowenien nach Österreich.

Die Staus auf der Balkanroute werden verursacht durch die hohe Zahl von Flüchtlingen, die von Serbien nach Kroatien wollen. Im Oktober waren durchschnittlich 5100 Flüchtlinge pro Tag in Kroatien eingetroffen, um von dort weitergeschleust zu werden - erst nach Ungarn, nach der umstrittenen Abschottung des Landes dann nach Slowenien.

Die slowenische Regierung beschwerte sich auch bei der EU in Brüssel darüber, dass sich Kroatien unsolidarisch verhalte. Es gehe nicht, dass der EU-Nachbar weiter viel mehr Flüchtlinge an die Grenze zu Slowenien bringe, als das Land aufnehmen könne, hieß es in einer Mitteilung. Und weiteres Ungemach droht: Kroatische Medien berichteten, rund 10.000 neue Flüchtlinge hätten sich von Griechenland aus auf den Weg nach Norden gemacht.

Derweil rief US-Außenminister John Kerry dazu auf, der humanitären Katastrophe in Syrien und im Irak Einhalt zu gebieten. Bei einem Besuch in Madrid äußerte er am Montag die Befürchtung, dass es Russland bei seiner militärischen Intervention in Syrien allein darum gehe, das Regime von Präsident Baschar al-Assad an der Macht zu halten. "Dadurch werden noch mehr Dschihadisten ins Land gelockt, und die Zahl der Flüchtlinge nimmt weiter zu", sagte Kerry nach einem Treffen mit seinem spanischen Kollegen José Manuel García-Margallo.

Mittelmeer: Griechenlands Küstenwache greift 2500 Menschen in 48 Stunden auf

Derweil hat die griechische Küstenwache in den vergangenen zwei Tagen mehr als 2500 Flüchtlinge in der Ägäis aufgegriffen. Fast genauso viele Menschen konnten mit eigenen Mitteln die griechischen Inseln in der östlichen Ägäis erreichen. Wie das griechische Staatsfernsehen ERT1 am Montag weiter berichtete, gab es auf der Insel Lesbos erneut Streit und Rangeleien zwischen Flüchtlingen, die registriert werden wollen, um Schiffe in Richtung Festland besteigen und von dort nach West- und Nordeuropa weiterreisen zu können.

Die Kapazität der Registrierungszentren (Hotspots) von Lesbos hat laut ERT1 schon jetzt seine Belastungsgrenze erreicht. Täglich können höchstens 2500 Menschen registriert werden. Es warten aber mehr als 5000 Flüchtlinge, und ständig kommen neue aus der Türkei hinzu, wie das Staatsfernsehen weiter berichtete. Entgegen Ankündigungen der EU sei bislang nur ein Bruchteil der versprochenen Personalverstärkung von 600 Beamten aus anderen EU-Staaten auf den Inseln eingetroffen.

Seit Jahresbeginn sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mehr als 473.000 Menschen in Griechenland angekommen.

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(dpa)
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