Karadzic-Nachfolgerin Kriegsverbrecherin Plavsic aus Haft entlassen

Stockholm/Belgrad (RPO). Die bosnisch-serbische Kriegsverbrecherin Biljana Plavsic ist vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Die heute 79-Jährige hatte in den neunziger Jahren Radovn Karadzic beerbt und war 2003 von dem Tribunal in Den Haag verurteilt worden.

Karadzic ohne Bart
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Die frühere Präsidentin der bosnischen Serben habe Zweidrittel ihrer elfjährigen Gefängnisstrafe abgesessen und sei in Absprache mit dem Tribunal in Den Haag auf freien Fuß gesetzt worden, teilten die schwedischen Vollzugsbehörden mit. Plavsic sollte noch am Dienstag in Belgrad eintreffen. Verbrecher, die vom Tribunal in Den Haag verurteilt werden, sitzen ihre Haftstrafe nicht in den Niederlanden, sondern stets in einem anderen Land ab.

Plavsic war von dem Tribunal im Februar 2003 wegen Verbrechen während des Bosnienkriegs 1992-95 verurteilt worden. Die Angeklagte hatte damals gestanden, während des Krieges Minderheiten aus religiösen, ethnischen und politischen Gründen verfolgt und dazu auch mit paramilitärischen Einheiten aus Serbien zusammengearbeitet zu haben. Im Gegenzug für das Teilgeständnis ließ die Anklage den Vorwurf des Völkermords fallen.

Die heute 79-jährige Plavsic gehörte dem dreiköpfigen Präsidium der Serbischen Republik an, das von Radovan Karadzic geleitet wurde. Gegen Karadzic hatte das Tribunal erst am Montag einen Prozess wegen zahlreicher Kriegsverbrechen eröffnet, darunter der Vorwurf des Völkermords in Srebrenica.

Karadzic als "Architekt" der Politik

Karadzic sei sowohl der "Architekt" der Politik als auch der Anführer der Kräfte gewesen, die die "dauerhafte Entfernung" von bosnischen Muslime und bosnischen Kroaten aus dem von Serben beanspruchten Bosnien-Herzegowina umsetzten, sagte Tieger in Den Haag. Dabei habe er "Recht und Menschlichkeit" missachtet.

Karadzic nimmt an dem Prozess nicht teil, weil er mehr Vorbereitungszeit für seine Verteidigung fordert. Richter O-Gon Kwon aus Südkorea hatte Karadzic am Montag bei anhaltendem Widerstand mit Zwangsmaßnahmen gedroht. Am Dienstag sagte er, Karadzic müsse mit den Folgen seines Fernbleibens leben. Der Prozess wird voraussichtlich zwei Jahre dauern.

Karadzic muss sich wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Die Anklageschrift gegen Karadzic umfasst elf Punkte. Im Mittelpunkt steht das Massaker von Srebrenica, bei dem rund 8000 muslimische Jungen und Männer getötet wurden. Die Klagen beziehen sich auch auf die mehrjährige Belagerung der bosnischen Hauptstadt Sarajevo, während der rund 10.000 Menschen ums Leben kamen. Karadzic war im Juli 2008 nach einem 13 Jahre langen Versteckspiel in Belgrad gefasst worden.

(RTR/tim)
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