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Homophobie in Europa Küssen verboten!

Düsseldorf · Zwei von zehn Menschen in Deutschland wollen Homosexuelle nicht als Nachbarn haben. Ganz nach dem Motto: "Schwul? Bitte nicht in der Öffentlichkeit!" Andere Länder in Europa sind da schon weiter, wie eine Studie zeigt.

 Die Modedesignerin Helen Bender entwirft Brautmode für homosexuelle Paare.

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Foto: dpa, Fredrik Von Erichsen

Simon ist 16, als er merkt, dass er sich zu Männern hingezogen fühlt. "Früher fand ich auch Mädchen spannend. Aber ich glaube, das war einfach Neugier", sagt er. Nur seine engsten Freunde erfahren, dass Simon schwul ist. In der Schule, einem Gymnasium in der Provinz, hält er es geheim. "Ich habe mitbekommen, was los war, als sich ein Klassenkamerad öffentlich geoutet hat. Das wollte ich mir nicht antun."

Die Diskriminerung von Schwulen und Lesben gehört immer noch zum Alltag. In der Schule, bei der Arbeit, in der Freizeit. Weltweit ist jeder vierte homosexuelle Mann schon einmal beim Sport bedroht oder schikaniert worden. Rund 80 Prozent wurden schon einmal Zeuge einer solchen Diskriminierung.

Eine aktuelle Studie des niederländischen Sociaal en Cultureel Planbureau zeigt, dass das Thema Europa weiterhin spaltet. Während im Westen durchschnittlich mehr als 75 Prozent der Menschen Homosexuellen freie Lebensgestaltung zusprechen, sind es im Osten weniger als 60 Prozent. Deutschland liegt mit 84 Prozent über dem Durchschnitt, landet mit 16 Prozent Ablehnung gegenüber Schwulen und Lesben auf Rang sieben.

Island ist Vorreiter

Vorreiter in Sachen Toleranz sind Island, die Niederlande und Dänemark. In allen drei Ländern geben mehr als 90 Prozent der Befragten an, dass Homosexuelle ihr Leben so gestalten sollen, wie sie es möchten. Schlusslichter sind Russland, die Ukraine (beide 24 Prozent) und Litauen (15 Prozent).

Seine Freunde hätten abgewunken, als er ihnen die Wahrheit erzählt habe, sagt Simon. "Denen war schon längst klar, wie ich ticke." Im Verwandtenkreis scheut er sich aber noch. Nur seine Eltern und Geschwister wissen von seiner Homosexualität.

Nach dem Abitur folgt ein Studienplatz in den Niederlanden, an der Universität in Nimwegen hat sein Versteckspiel ein Ende. "Ich laufe nicht herum und binde es jedem auf die Nase", sagt er. "Aber wenn es zur Sprache kommt, habe ich kein Problem damit, zu sagen, dass ich auf Männer stehe. Die Menschen reagieren in den Niederlanden viel entspannter als in Deutschland. Oft ist es eine Minute später gar kein Thema mehr."

Keine Homosexuellen als Nachbarn

Regelmäßig besucht Simon Szene-Treffs an der Uni, lernt neue Männer kennen. Sich zur Homosexualität zu bekennen ist das eine, es in der Öffentlichkeit auszuleben das andere. Auch in vermeintlich toleranten Ländern wie Deutschland wollen 22 Prozent der Befragten keine Schwulen und Lesben als Nachbarn haben. Das plakative Ergebnis der niederländischen Studie: "Sei schwul, wenn du meinst. Aber nicht in meiner Nachbarschaft." Die Gründe dafür bleiben diffus.

Im schlimmsten Fall habe er bisher große Augen und einen dummen Spruch als Reaktion bekommen, sagt Simon. Homosexuelle in anderen Teilen der Welt haben es da deutlich schwieriger. In Aserbaidschan, Armenien oder Simbabwe etwa lehnen mehr als 90 Prozent der Befragten Homosexualität ab.

Kenias Vizepräsident William Ruto sorgte kürzlich erst mit schwulenfeindlichen Äußerungen in einem Gottesdienst für Aufsehen. "Wir werden Homosexualität in unserer Gesellschaft nicht gestatten, weil sie gegen unsere religiösen und kulturellen Überzeugen verstößt", sagte Ruto laut der Zeitung "The Star" vor jubelnden Gläubigen in einer Kirche am Stadtrand von Nairobi. "In diesem Land ist für Homosexualität kein Platz", fügte er hinzu.

Todesstrafe in Afrika

Homophobie und die Diskriminierung sexueller Minderheiten sind in Afrika weit verbreitet. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International ist Homosexualität in 36 von 54 afrikanischen Ländern strafbar. In vier Ländern droht Homosexuellen demnach sogar die Todesstrafe.

(lukra / Afp / Ap)
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