Lkw-Attacke von Stockholm Mutmaßlicher Attentäter war abgelehnter Asylbewerber

Stockholm · Zwei Tage nach dem Lkw-Anschlag in Stockholm geben die Behörden weitere Einzelheiten zum Attentäter bekannt. Zudem verdichten sich die Anzeichen, dass die Todesfahrt mit einem gekaperten Lkw nicht die Tat eines Einzelnen war.

 Die Spitzen der Stockholmer Polizei bei der Pressekonferenz am Sonntag.

Die Spitzen der Stockholmer Polizei bei der Pressekonferenz am Sonntag.

Foto: rtr, sk/MJB

Die schwedische Polizei verhaftete am Sonntag eine zweite Person, wie Polizeisprecherin Karin Rosander der Nachrichtenagentur AP sagte. "Eine Person, die der terroristischen Straftaten des Mordes verdächtigt wird, wurde verhaftet", sagte sie. Weitere Details nannte sie nicht.

Leitende Polizeibeamte gaben auf einer Pressekonferenz Details zu dem bereits in der Nacht zu Samstag festgenommenen ersten Verdächtigen bekannt, der den Lkw gekapert haben soll, damit durch die Fußgängerzone gerast und schließlich in den Eingang eines Kaufhauses gekracht sein soll. Bei dem 39-jährigen Mann aus Usbekistan handele es sich um einen abgelehnten Asylbewerber, der im Juni 2016 ausgewiesen werden sollte, teilte Jan Evensson von der Stockholmer Polizei mit. Er habe sich der Ausweisung aber entziehen können, weil ihn Beamte nicht an der von ihm angegebenen Adresse gefunden hätten.

Jonas Hysing von der schwedischen Polizei sagte über ihn: "Wir wissen, dass er mit extremistischen Organisationen sympathisiert hat." Evensson sagte, im Zusammenhang mit dem Lkw-Anschlag würden fünf weitere Personen festgehalten. 500 Personen seien befragt worden.

Bei dem Lkw-Anschlag waren vier Menschen getötet und 15 verletzt worden. Evensson von der Stockholmer Polizei sagte, bei den Todesopfern handele es sich um zwei Schweden einen Briten und eine Belgierin. Zehn Verletzte wurden am Sonntag noch in Krankenhäusern behandelt.

Schwedische Medien berichteten, die Polizei habe in der Nacht zum Samstag bei mehreren Razzien die Ermittlungen in dem Fall vorangetrieben. Der Geheimdienst Säpo teilte mit, es werde mit Hochdruck daran gearbeitet, "jeden Helfershelfer oder jedes Netzwerk" zu finden, die an dem Anschlag beteiligt gewesen seien.

Zehntausende bei "Demonstration der Liebe" im Zentrum

Das ganze Wochenende über herrschte Trauer in Stockholm. Die Flaggen am Königspalast, am Regierungssitz, am Parlament und am Stockholmer Rathaus wurden auf Halbmast gesetzt.

"Wir reden, wir kämpfen nicht", sagte Marianne, die am Sonntagnachmittag mit ihrer Mutter zu der "Demonstration der Liebe" ins Zentrum gekommen war. "Ob in Berlin, Brüssel, Paris oder Stockholm, das Gefühl ist überall dasselbe, unabhängig von der Nationalität", sagte der in Schweden lebende Deutsche Daniel Holl der Nachrichtenagentur AFP.

Bürgermeisterin Karin Wanngard pries ihre "durch Offenheit und Toleranz charakterisierte Stadt". "Angst darf nicht regieren. Terror kann nicht gewinnen", sagte sie. Laut der Stadtverwaltung kamen 20.000 Menschen, die Veranstalter sprachen von 50.000.

"Wir wissen, dass das Ziel solcher Attacken ist, Angst und Hass zu verbreiten", sagte Schwedens Regierungschef Stefan Löfven, als er am Samstag am Tatort Blumen niederlegte. Die Schweden hätten nach dem Anschlag aber Stärke bewiesen und sich gegenseitig unterstützt. Am Montag soll es eine landesweite Schweigeminute geben.

Kronprinzessin Victoria besuchte den Ort des Anschlags im Zentrum der Hauptstadt. "Ich fühle eine unglaubliche Traurigkeit und Leere", sagte die 39-Jährige. Gleichzeitig beschwor sie die Solidarität der Schweden: "Das wird uns auf gewisse Art noch stärker machen."

Ihr Vater König Carl XVI. Gustaf, der vorzeitig von einer Brasilienreise zurückgekehrt war, trat in Stockholm vor die Presse. "Die Fürsorge, die die Menschen untereinander zeigen, zeigt die Kraft unserer Gesellschaft", sagte er. Es gebe viel mehr Menschen, die helfen wollten, als jene, "die uns schaden wollen".

(juju/felt/ap/dpa/AFP)
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