Ölpest im Golf von Mexiko Nachlässigkeiten bei BP ermöglichten Katastrophe

Covington/USA (RPO). Offenbar ist die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko auf Nachlässigkeiten von BP zurückzuführen: Einem Pressebericht zufolge hat der Konzern wissentlich in Kauf genommen, dass die Sicherheit des Bohrlochs durch den Einsatz eines provisorischen Ventils verringert war. Außerdem wurde bekannt, dass die abgesaugte Ölmenge an dem Leck am Wochenende zurückgegangen ist.

Das Schweröl erreicht die Küsten
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Der Erdölkonzern habe sich dafür entschieden, an einem "vorläufigen", aber weniger sicheren Ventil festzuhalten, statt ein beständiges Teil einzusetzen, berichtete die Zeitung "Washington Post" am Sonntag unter Berufung auf einen von einem BP-Verantwortlichen unterschriebenen Brief vom Oktober 2004. Das Ventil sollte eigentlich das Bohrloch im Falle einer Explosion verschließen, um das Auslaufen von Öl zu verhindern.

In dem Brief erklärte Christopher Young von der Plattform-Betreiberfirma Transocean, dass BP mit der Unterschrift akzeptiert habe, dass das provisorische Ventil die Widerstandskraft des Sicherheitssystems "vermindert" und damit "die Risiken erhöht". Ein BP-Sprecher sagte der "Washington Post" hingegen, Transocean sei allein für die Änderungen am Bohrloch verantwortlich. Bereits bei einer Senatsanhörung am 11. Mai hatten sich BP und Transocean gegenseitig die Verantwortung für die Erdölkatastrophe zugeschoben.

Katastrophe war vermeidbar

Kritiker führen zudem an, dass die Katastrophe mit einem sogenannten "Acoustic Switch"-System hätte verhindert werden können. Mit diesem Gerät sollen Crews ein Unterwasserventil ferngesteuert schließen können, wenn eine Bohrinsel havariert oder beschädigt wird. Solche System sind beispielsweise in Brasilien und Norwegen Pflicht.

Solch ein "Acoustic Switch" kostet gerade einmal 400.000 Euro - in der kapitalintensiven Ölbranche sind das Peanuts. Doch die Lobbyisten der einflussreichen Industrie haben entsprechende Regelungen, die den Einsatz solcher Systeme vorschreiben, erfolgreich verhindert.

Bei der Explosion auf der Ölplattform "Deepwater Horizon" am 20. April hatte das Ventil nicht funktioniert. Laut "Washington Post" funktionierten aber auch zwei andere beständige Ventile nicht, die ebenfalls das Bohrloch hätten schließen sollen.

BP selbst sah sich bei der "Deepwater Horizon" offenbar auf der sicheren Seite: Aus einer Risikoanalyse geht hervor, dass der Konzern die Möglichkeit eines Unglücks mit katastrophalen Wirkungen heruntergespielt hat. In der 52 Seiten umfassenden Einschätzung heißt es, ein Unfall mit ernsten Umweltgefahren sei unwahrscheinlich oder nahezu unmöglich.

Die US-Regierung verliert unterdessen die Geduld mit dem Energiekonzern BP. Das britische Unternehmen lasse "Frist um Frist" bei seinem Bemühungen zum Verschluss des Bohrlochs vor der US-Küste verstreichen, sagte US-Innenminister Ken Salazar am Sonntag nach einem Besuch in der BP-Firmenzentrale in Houston. "Wenn wir herausfinden, dass sie nicht das tun, was sie angeblich tun, dann werden wir BP in geeigneter Weise aus dem Weg drängen." Im übrigen habe sich der Konzern bereit erklärt, mehr als die 75 Millionen Dollar zur Säuberung der US-Küsten zu bezahlen, die bislang im US-Gesetz als Höchstgrenze genannt sind.

Weniger Öl abgepumpt

Ein BP-Sprecher sagte am Sonntagmittag (Ortszeit), durch das zum Absaugen des Öls eingesetzte Rohr seien in den zurückliegenden 24 Stunden gut 200.000 Liter geflossen. Noch am Freitag waren es fast 350.000 Liter gewesen. BP hatte allerdings schon beim Anbringen der Rohrleitung vor einer Woche die Erwartung geäußert, dass die Menge des abgepumpten Öls stark schwanken werde.

Entgegen einer Anordnung der US-Umweltbehörde EPA will BP im Kampf gegen die Ölpest weiterhin eine umstrittene Chemikalie verwenden. Das Mittel sei die beste Lösung für den Einsatz in der Tiefe, erklärte der zuständige BP-Manager Doug Suttles in einem Schreiben an die EPA. Die Behörde hatte den Ölkonzern am Donnerstag aufgefordert, auf weniger giftige Stoffe zurückzugreifen, weil die langfristigen Folgen des bislang eingesetzten Mittels Corexit 9500 unklar seien.

Suttles erklärte dazu, insgesamt kämen nach den EPA-Kriterien fünf Produkte infrage, Corexit habe aber offenbar weniger langfristige Auswirkungen. Zudem stünden die anderen Chemikalien nicht in ausreichender Menge zur Verfügung.

Der Gouverneur des US-Staats Louisiana, Bobby Jindal, mehrere Kongressabgeordnete und Umweltschützer hatten Kritik an der Verwendung von Corexit geäußert. Das Mittel soll das Öl auflösen und so verhindern, dass es zur Meeresoberfläche aufsteigt. Es gilt laut Sicherheitsangaben als mäßig gesundheitsgefährdend und kann bei längerem Kontakt Augen, Haut und Atemwege reizen.

(apd/AFP/ndi)
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