Zehn Monate in der Gewalt von Dschihadisten Freigelassene IS-Geisel schreibt Kinderbuch

Düsseldorf · Nicolas Henin war zehn Monate in der Gewalt von IS-Kämpfern in Syrien. Der Franzose schrieb ein Kinderbuch in der Gefangenschaft mit dem Titel "Wird Papa Igel jemals heimkehren?".

 Nach zehn Monaten in IS-Geiselhaft begrüßt der Journalist Nicolas Henin seine Tochter am Flughafen nahe Paris.

Nach zehn Monaten in IS-Geiselhaft begrüßt der Journalist Nicolas Henin seine Tochter am Flughafen nahe Paris.

Foto: dpa

Es waren bewegende Bilder, als Nicolas Henin im April 2014 nach langer IS-Geiselhaft seine Tochter in Frankreich wieder in die Arme nehmen konnte. Der französische Fotoreporter ist einer von vier Journalisten, die zehn Monate bis April 2014 in der Gewalt der Terrormiliz IS in Syrien waren. In dieser Zeit lernte er auch den US-Amerikaner James Foley kennen. Dieser wurde schließlich enthauptet. Henin hatte Glück. Die französische Regierung zahlte offenbar ein Lösegeld für ihre Landsleute.

Ein Jahr später soll nun sein Kinderbuch erscheinen, das den Titel "Wird Papa Igel jemas heimkehren?" trägt. Er schrieb es gemeinsam mit seinem Kollegen Pierre Torres heimlich während der Geiselhaft. Es sollte für seine fünfjährige Tochter sein.

Die Idee entsprang einem Spiel, um die Langeweile während der Gefangenschaft zu entfliehen. Das Ziel des Spiels: "Ein Tier zu benennen, das einem am besten charakterisierte." Er wählte den Igel. "Mir gefiel die Idee, gut geschützt zu sein — obwohl der Schutz eines Igels total dumm ist." Um sich in der Gefangenschaft zu schützen, habe er die gleiche dumme Technik verwendet: sich zu einem Ball zusammenrollen.

Natürlich war es nur ein Spiel, ein Zeitvertreib in dieser schweren Zeit. Ihm war klar, dass man als Geisel keine Möglichkeit hat, sich selbst zu schützen. "Als Geisel bist du einfach nur eine Marionette."

Einblicke in das Leben der IS-Kämpfer

In Gefangenschaft hilft die Abkapselung wenig. Vielmehr müsse man in Kontakt mit den Geiseln stehen — allein schon wegen der Versorgung mit Nahrung und Medizin. Zudem hätten die Dschihadisten von sich erzählt, ihrer Herkunft und Interessen. Im BBC-Interview schildert Henin: "Sie haben wenig mit den lokalen arabischen und muslimischen Kulturen zu tun. Sie sind Kinder unserer Gesellschaft." Sie sprächen unsere Sprache und hätten den gleichen kulturellen Hintergrund wie wir. "Sie gucken die gleichen Filme wie wir, spielen die gleichen Videospiele wie unsere Kinder." Er nennt als Beispiele die Teletubbies und Games of Thrones.

Henin zeigt in seinen Schilderungen ein anderes, fragiles Bild der Terrorkämpfer. Er ist überzeugt, dass viele in den Krieg gezogen wären, um den Opfern in Syrien zu helfen. "Vor Ort werden sie dazu gedrängt, ein Mord zu begehen. Und dann gibt es keinen Weg zurück." Im Gespräch hätten die Geiselnehmer oft versucht, sich zu rechtfertigen — manchmal sogar bereut, was sie getan hätten.

Um Gnade sollte man aber nicht bitten. Das sei das schlimmste, was man tun könnte. Henins Fazit: "Das ist dumm. Versuche es nie!"

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