US-Amerikaner Matthew Miller in Isolationshaft Nr. 107 verlässt für eine Frage das Straflager

Seine Geschichte ist so bizarr wie eine Biographie von Kim Jong Un: Matthew Miller soll bei der Einreise nach Nordkorea den Pass zerrissen haben, um verhaftet zu werden. Sein Wunsch geht jetzt im Straflager in Erfüllung. Nun durfte er unter strenger Bewachung eine einzige Frage eines Reporters beantworten.

US-Bürger Matthew Miller erzählt aus dem Straflager in Nordkorea
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Acht Stunden Feldarbeit und der Rest des Tages in Isolation: Der 24-jährige US-Amerikaner Matthew Miller hat erstmals seit seiner Verurteilung zu sechs Jahren Arbeitslager in Nordkorea seinen Alltag beschrieben. Einem Reporter der Nachrichtenagentur AP durfte Miller während eines kurzen Aufenthalts in der Hauptstadt Pjöngjang unter strenger Bewachung genau eine Frage nach seinen Haftbedingungen beantworten.

"Das Leben im Gefängnis bedeutet acht Stunden Arbeit pro Tag", sagte der junge Mann ohne erkennbare Emotionen. "Meistens war es bisher Landwirtschaft, im Dreck, herumgraben. Darüber hinaus ist es Isolation, kein Kontakt zu irgendwem. Aber gesundheitlich geht es mir gut, keine Krankheit und keine Schmerzen." Äußerlich hat er sich verändert. Ihm wurde der Kopf geschoren, er trägt graue Häftlingskleidung, auf seiner Brust ist die Zahl 107 aufgenäht.

Miller war am 14. September vom obersten Gericht Nordkoreas wegen illegaler Einreise und versuchter Spionage verurteilt worden. Der junge Kalifornier aus Bakersfield soll nach Darstellung des Gerichts bei seiner Einreise im April seinen Pass zerrissen haben, um in Haft genommen zu werden. So habe er den Gefängnisalltag in Nordkorea kennenlernen und die Menschenrechtssituation ausspionieren wollen.

Die Fahrt zu einem Hotel in Pjöngjang durfte er jetzt unternehmen, um seine Familie anzurufen. Es war sein erster öffentlicher Auftritt seit dem Urteilsspruch. Ein AP-Fernsehteam durfte Miller filmen, wie er in einer Telefonzelle saß und auf die Tasten des Apparats drückte, eine nordkoreanische Wache direkt hinter ihm. Der AP-Journalist durfte dem Telefonat aber nicht zuhören.

Miller zeigte mehrere Briefe, die er an einflussreiche Amerikaner geschrieben hat, unter anderem an First Lady Michelle Obama, US-Außenminister John Kerry und dessen Vorgängerin Hillary Clinton. Die Schreiben versandte er vom Hotel an seine Familie.

Miller ist einer von drei inhaftierten Amerikanern in Nordkorea. Sein Landsmann Jeffrey Fowle war im Mai in dem kommunistischen Land festgenommen worden, weil er eine Bibel in einem Club für Matrosen hinterlassen haben soll - was in Nordkorea illegal ist. Es wird erwartet, dass er demnächst vor Gericht gestellt wird. Bereits 2013 wurde der US-Missionar Kenneth Bae zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

Vergangene Woche hatte der US-Sondergesandte Robert King gesagt, Pjöngjang habe nicht akzeptiert, dass die USA einen hochrangigen Vermittler entsenden und um Freilassung der drei Männer nachsuchen. King sagte, kämen die US-Bürger frei, könnte dies eine diplomatische Öffnung in den Beziehungen beider Länder bringen. Erpressen lassen werde sich Washington aber nicht.

2009 hatte Nordkorea die beiden US-Journalistinnen Laura Ling und Euna Lee festgenommen - nach einem Besuch des früheren US-Präsidenten Bill Clinton in Pjöngjang wurden sie auf freien Fuß gesetzt. 2011 erreichte Ex-Präsident Jimmy Carter die Freilassung seines Landsmanns Aijalon Gomes, der wegen illegalen Grenzübertritts zu acht Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden war.

(ap)
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