Nach Luftangriff auf Gasfeld Offenbar 35 westliche Geiseln in Algerien getötet

Nouakchott/Paris · Die algerischen Streitkräfte haben einen Angriff gegen die islamistischen Geiselnehmer auf einem Gasfeld im Süden des Landes gestartet und offenbar ein Blutbad angerichtet. 35 Geiseln sowie 15 Extremisten seien bei einem Helikopterangriff getötet worden, berichtete die mauretanische Nachrichtenagentur NIA am Donnerstag unter Berufung auf einen Sprecher der Extremisten. Die algerische Regierung gab zunächst keine Stellungnahme ab.

 Er ist der Chef unter den Entführern: Mr. Marlboro.

Er ist der Chef unter den Entführern: Mr. Marlboro.

Foto: afp, -

Sieben Geiseln haben allerdings nach Angaben der Entführer den Befreiungsversuch überlebt. Dabei handele es sich um drei Belgier, zwei Amerikaner, einen Briten und einen Japaner, berichtete die NIA unter Berufung auf einen Sprecher der islamistischen "Maskierten Brigade". Die algerische Nachrichtenagentur APS berichtete unter Berufung auf die Polizei, bei dem Einsatz seien vier ausländische Geiseln befreit worden.

Die Soldaten eröffneten den Angaben zufolge das Feuer, als die Geiselnehmer versuchten, das Gelände zu verlassen. Regierungstruppen blockierten den Fluchtweg der Extremisten und kesselten sie ein, wie Innenminister Daho Ould Kabila sagte.

Zuvor war aus Sicherheitskreisen verlautet, mindestens 20 der ausländischen Geiseln sei die Flucht gelungen. Unter den Entkommenen seien US-Bürger und Europäer, sagte ein Vertreter der algerischen Sicherheitskräfte. Überdies waren am Morgen 30 Algerier ihren bewaffneten Entführern entkommen.

Islamisten hatten am Mittwochabend nach eigenen Angaben 41 Ausländer auf einem Erdgasfeld in der Sahara in ihre Gewalt gebracht. Nach algerischen Regierungsangaben hatten 20 schwer bewaffnete Angreifer in drei gepanzerten Fahrzeugen am Mittwoch zunächst einen Bus mit Mitarbeitern der Gasanlage attackiert, der auf dem Weg zum nahegelegenen Flughafen war. Mindestens zwei Menschen wurden getötet. Unter den Geiseln waren unter anderem Amerikaner, Norweger, Briten, Iren, Japaner sowie ein Österreicher.

Extremisten drohen mit globalisiertem Konflikt

Zu dem Angriff bekannte sich laut einem Bericht von NIA die dem Terrornetzwerk Al Qaida nahestehende "Maskierte Brigade" des einäugigen Extremistenführers Moktar Belmoktar. Zuvor hatte Algerien der französischen Luftwaffe für ihren Kampf gegen die Rebellen im benachbarten Mali Überflugrechte gewährt und sich damit den Zorn der Islamisten zugezogen.

"Die Vereinten Nationen haben grünes Licht für diese Intervention gegeben, und alle westlichen Länder werden den Preis dafür zahlen", sagte ein Vertrauter Belmoktars der Nachrichtenagentur AP. "Jetzt tragen wir unseren Konflikt in die Welt hinaus."

Der Erdgaskomplex Ain Amenas, auf dem sich das Geiseldrama abspielt, liegt 1.300 Kilometer südlich der Hauptstadt Algier in der Weite der Sahara. Der britische Ölkonzern BP betreibt das Gasfeld zusammen mit dem norwegischen Energiekonzern Statoil und dem algerischen Staatsunternehmen Sonatrach. Die japanische Firma JGC Group ist als Dienstleister vor Ort.

Algerien ist das größte Land auf dem afrikanischen Kontinent und gilt als Verbündeter der USA und Frankreichs im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Die Beziehungen zwischen Algier und Paris sind allerdings belastet durch die jahrzehntelangen Spannungen mit der früheren Kolonialmacht und den blutigen Unabhängigkeitskrieg vor 1950 Jahren.

USA verurteilen Entführung

Das US-Außenministerium verurteilte die Attacke auf das Schärfste. Außenministerin Hillary Clinton habe bereits mit Algeriens Premierminister Abdelmalek Sellal gesprochen, sagte Sprecherin Victoria Nuland in Washington. Die einheimischen Arbeiter, die zunächst ebenfalls festgesetzt wurden, kamen nach Angaben örtlicher Medien im Laufe des Tages wieder frei.

Die USA wollten sich nicht dazu äußern, wie viele US-Bürger sich in der Hand der Terroristen befinden, um das Leben der Geiseln nicht zu gefährden. Norwegens Ministerpräsident Jens Stoltenberg teilte in Oslo mit, unter den Entführten seien 13 Norweger. Die Lage sei "äußerst unübersichtlich". Zwei Norweger seien bei der Stürmung leicht verletzt worden. Niemand könne derzeit mit Sicherheit sagen, wie viele Menschen insgesamt in der Gewalt der Terroristen seien.

Das britische Außenministerium bestätigte einen "fortdauernden terroristischen Vorfall" in der Anlage In Amenas. Auch britische Bürger seien betroffen. Der Ölkonzern BP teilte mit, dass das Feld am Mittwoch um 6.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit von einer Gruppe Bewaffneter angegriffen und besetzt wurde. Der Kontakt dorthin sei extrem schwierig. Das Gasfeld wird von der staatlichen algerischen Gesellschaft Sonatrach, BP und Statoil gemeinsam betrieben.

EU entsendet Ausbilder

Inzwischen haben die EU-Außenminister beschlossen, Ausbilder für die Armee des westafrikanischen Krisenlandes Mali zu entsenden. Im Rahmen des Einsatzes sollen bisherigen Planungen zufolge rund 450 Soldaten entsandt werden, darunter rund 200 Militärausbilder.

(dapd/das/felt/sap)
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