Anschlag in Ottawa Attentäter galt als "hochgefährlich"

Ottawa · Kanada gilt als weltoffen und beschaulich. Doch innerhalb der letzten beiden Tage wurde das zweitgrößte Land der Erde zweimal Opfer von terroristischen Angriffen. Der Attentäter, der am Mittwoch in Ottawa um sich schoss, soll zum Islam konvertiert sein und war den Behörden als "hochgefährlich" bekannt.

Ottawa - Schüsse im kanadischen Parlament
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Nach dem Anschlag auf das Parlament in Ottawa hat der kanadische Premierminister Stephen Harper ein entschlossenes Vorgehen gegen die Verantwortlichen der Attacke versprochen. Kanada werde sich von derlei Angriffen "niemals einschüchtern lassen" und stattdessen die Anstrengungen im Kampf gegen "Terrororganisationen" verdoppeln, sagte Harper am Mittwochabend (Ortszeit). Bei dem Angreifer soll es sich um einen als "hochgefährlich" eingestuften Kanadier handeln. Der Premier sprach mit Blick auf die Auto-Attacke auf zwei Soldaten zu Wochenbeginn vom zweiten Terrorangriff auf kanadischem Boden binnen drei Tagen.

"Angriffe auf unser Sicherheitspersonal und unsere Regierungsinstitutionen sind naturgemäß auch Angriffe auf unser Land, unsere Werte, unsere Gesellschaft und auf uns Kanadier als freies, demokratisches Volk", sagte Harper in seiner emotionalen Rede an die Nation, die im Fernsehen übertragen wurde. Die kanadische Regierung und die Sicherheitsdienste des Landes würden daher alles gegen "Terrororganisationen" tun, die in anderen Ländern agierten, "in der Hoffnung, ihre Brutalität in unsere Breiten zu bringen". Diese würden "keinen sicheren Hafen" finden.

Zunächst blieb der Hintergrund des Anschlags unklar. Kanadischen und US-Medien zufolge soll es sich bei dem bewaffneten Angreifer um den 32-jährigen Kanadier Michael Z. handeln, der den Behörden als "hochgefährlicher Reisender" bekannt gewesen sei. Demnach wurde ihm erst kürzlich der Pass entzogen. Wegen Raubes und Waffenbesitzes soll er zudem 2003 zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden sein.

Laut einem Regierungsvertreter war der mutmaßliche Täter vor kurzem zum Islam konvertiert. Ob er womöglich weitere Komplizen hatte, werde man in den kommenden Tagen erfahren, kündigte Harper am Mittwochabend in einer TV-Ansprache an die Nation an. US-Präsident Barack Obama zeigte sich erschüttert, die US-Botschaft in Ottawa wurde geschlossen

Vor dem Hintergrund einer möglichen Verbindung des Attentäters zu Islamisten sagte Verteidigungsminister Rob Nicholson, Kanada werde an seiner Militärstrategie festhalten. Das Land will sich an den von den USA angeführten Luftangriffen auf Stellungen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) im Irak und in Syrien beteiligen. Die Behörden gehen daher derzeit von einer erhöhten Anschlagsgefahr aus.

Der Bewaffnete hatte am Mittwoch in der Nähe des Parlaments zunächst einen jungen Wachsoldaten schwer verletzt, der später starb. Dann stürmte er das Parlamentsgebäude, wo es zu einem Schusswechsel kam. Harper, der sich zu dem Zeitpunkt in dem Gebäude aufhielt, wurde in Sicherheit gebracht. Der Angreifer wurde schließlich vom Sicherheitschef des Parlaments, Kevin V., erschossen. Zahlreiche Parlamentarier und Regierungsvertreter würdigten den 58-Jährigen später als "Helden", der Schlimmeres verhindert habe. Drei Verletzte wurden ins Krankenhaus gebracht.

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Foto: afp, FC

Entgegen ersten Vermutungen handelte der 32-Jährige aber offenbar allein. "Offenbar gab es nur einen Schützen", sagte der Bürgermeister von Ottawa, Jim Watson, dem Sender CNN. "Und der ist tot." Die Ermittlungen dauerten aber an. Zugleich wurden die meisten Polizeiabsperrungen in Ottawa wieder aufgehoben, nur das Parlament selbst blieb für die Öffentlichkeit gesperrt.

US-Präsident Barack Obama sicherte Kanada nach einem Telefonat mit Harper seinen bedingungslosen Beistand zu. Der "tragische" Vorfall werde bei den Anstrengungen im Kampf gegen Terrorangriffe berücksichtigt, sagte Obama vor Journalisten. Die nationalen Sicherheitsteams beider Länder arbeiteten "sehr eng" zusammen und stimmten sich ab. Auch Frankreichs Präsident François Hollande versicherte Kanada die "gänzliche Solidarität" seines Landes. Der britische Premierminister David Cameron zeigte sich in einem Twitter-Eintrag "bestürzt".

Australien erhöhte am Donnerstag nach Angaben des Justizministeriums die Sicherheitsvorkehrungen im eigenen Parlament in Canberra. Premierminister Tony Abbott solidarisierte sich mit Kanada und versicherte der eigenen Bevölkerung, die Regierung werde "alles tun", damit das Land sicher sei. Auch Australien hatte das Anschlagsrisiko kürzlich auf "hoch" heraufgesetzt.

(AFP, AP)
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