Eintägiger Besuch an seinem Namenstag Papst Franziskus ruft in Assisi zum Verzicht auf

Assisi · Er kommt als Pilger nach Assisi, als Stimme des Weltgewissens, aber auch als Reformer seiner Kirche. Im Geburtsort des Heiligen Franz von Assisi rief der Papst zu mehr Bescheidenheit auf.

Besuch in Assisi: Papst Franziskus ganz nah bei den Menschen
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Besuch in Assisi: Papst Franziskus ganz nah bei den Menschen

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Unter enormem Medieninteresse landet sein Hubschrauber rund zwanzig Minuten früher als geplant vor dem Serafico-Institut für behinderte Kinder und Jugendliche. Umso länger bleibt er bei den Betroffenen, spricht mit Pflegern, sucht die Begegnung.

Der heilige Franziskus (1182/83-1226) erlebte einst die Begegnung mit Leprakranken als existenzielle Gotteserfahrung. Franziskus der Papst konfrontiert die Welt nun mit einer Leidensform, die bei vielen ebenfalls die Frage aufwirft nach der Existenz eines barmherzigen Gottes, der "das zulässt". Das Bild eines spastisch gelähmten Jungen, der seine verkrampften Arme um den Hals des Papstes legt, ist mehr als ein starkes Kameramotiv.

Es wirkt wie das Bekenntnis dieses Papstes, das inzwischen sein Programm geworden ist: Die Kirche soll vor allem die Nähe zu den Menschen am Rande suchen. "In diesen Kindern zeigt sich der leidende Christus", sagt Franziskus in seiner Ansprache. Offenbar berührt von seinem fast 45 Minuten langem Rundgang durch die Reihen an Rollstühlen legt er das Redemanuskript beiseite, spricht frei und sehr leise.

Jeder, der sich Christ nenne, aber auch Politik und Gesellschaft, dürften das Leid der Benachteiligten nicht verdrängen, fordert der Papst. "Manchmal sehen sich die Familien stattdessen alleingelassen mit der Last, die auf ihnen liegt." An dieser Stelle fehlt nicht das bekannte Diktum dieses Papstes von einer "Kultur des Aussortierens", der die Menschheit eine "Kultur der Annahme" entgegensetzen müsse. Es fehlt auch nicht im "Entkleidungssaal" des Bischofshauses, wo der heilige Franziskus vor aller Öffentlichkeit die Kleider ablegte und sich für immer von Besitz und Erbe trennte - und wo der Papst jetzt mit Armen zusammentrifft.

Genau diese "Entkleidung", den Verzicht auf einen Ungeist der "Weltlichkeit" erklärt er hier zum Ideal in der Nachfolge Christi. Das gelte gerade für die Kirche, von der Ordensschwester bis zum Kardinal, bis zum Papst. "Die Weltlichkeit tötet die Seele und sie tötet die Kirche", so der Papst, der dabei von den acht Kardinälen eingerahmt wird, mit denen er bis zum Vortag über eine Reform der Kurie beraten hat.

Auch dieses Mal verwendet Franziskus nicht das vorbereitete Redemanuskript. Unter anderem wegen Lampedusa. Die Schiffskatastrophe vor der Mittelmeerinsel - mehrere hundert Flüchtlinge sind dort am Donnerstag ertrunken - lässt ihn hörbar bewegt von einem "Tag der Tränen" sprechen. Anfang Juli hat er die kleine Insel bei einem Besuch kennengelernt.

Franziskus' Assisi-Reise lebt von einer Dramaturgie zwischen großer Öffentlichkeit und privaten Besuchen an den Lebensorten des heiligen Vorbilds. Es gibt Momente ohne Blitzlicht, wie in der Kapelle San Damiano, wo der Heilige um 1205 vor dem Kreuz den Ruf vernahm, die Kirche zu erneuern. Ähnlich privat ist Franziskus' Besuch in der Taufkirche Santa Maria Maggiore. Er betet auch am Grab des heiligen Franziskus, bevor er schließlich auf dem Platz vor der Basilika eine Messe mit mehr als 50.000 Menschen feiert, viele folgen ihr auf Großbildwänden.

Der franziskanische Weg hin zu Jesus durch Selbstentäußerung und Dienst an den Leidenden, mindestens aber Mitgefühl, sei keine "Gefühlsduselei", betont er - sondern der einzig mögliche. In seiner Predigt greift das Kirchenoberhaupt auch den von Franziskus mehr als von jedem anderen Heiligen geforderten Respekt vor der Schöpfung auf, vor allem aber die Sehnsucht nach Frieden, im Heiligen Land und in Syrien: "Hören wir den Schrei derer, die weinen, leiden und sterben aufgrund der Gewalt, des Terrorismus oder des Krieges."

Das dichte Programm verlangt eine Stärkung. Sie besteht aus einem bescheidenen Essen im Caritas-Zentrum von Assisi. Franziskus' Tischnachbarn sind Menschen ohne regelmäßiges Einkommen und ohne festen Wohnsitz - Bedürftige.

(KNA)
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