BBC-Dokumentation Papst Johannes Paul II. soll enge Beziehung zu Frau gehabt haben

Straßburg · Papst Johannes Paul II. soll über Jahrzehnte in einem engen Verhältnis zu einer verheirateten Frau gestanden haben. Das zumindest behaupten die Macher einer BBC-Dokumentation, die am Dienstag auf Arte gezeigt wird.

Seltene Fotos von Papst Johannes Paul II.
22 Bilder

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Foto: AP

Wer auf sensationelle Enthüllungen hofft, wird enttäuscht. Doch die Dokumentation "Die Geheimnisse von Papst Johannes Paul II.", die der Kulturkanal Arte am Dienstagabend (16. Februar) zeigt, gewährt neue und überraschende Einblicke in das private Leben des Kirchenoberhaupts aus Polen.

Das in Insiderkreisen bereits länger bekannte "gut gehütete Geheimnis" des von der BBC produzierten Films: Seit Beginn der 70er-Jahre hatte der damalige Kardinal von Krakau, Karol Wojtyla (1920-2005), eine intensive Beziehung zu der polnisch-amerikanischen Philosophin Anna-Teresa Tymieniecka (1923-2014). Und das, so weist die französisch-britische Dokumentation nach, bis zum Tod des Papstes am 2. April 2005.

Neu an der Dokumentation ist, dass mehrere Hundert Briefe und zahlreiche Privatfotos die Seelenverwandtschaft zwischen beiden dokumentieren. Dabei stellen die Autoren des Films klar: Es gebe keine Hinweise darauf, dass Karol Wojtyla den Zölibat gebrochen habe. Dennoch seien sich die verheiratete Mutter von drei Kindern und der Geistliche über drei Jahrzehnte auch emotional sehr nahe gewesen.

Bereits 2009 hatten Berichte über eine frühere enge persönliche Beziehung Karol Wojtylas zu einer verheirateten Frau für Aufsehen gesorgt. Die 94-jährige Wanda Potawska, eine Psychiaterin, die die Nazi-Konzentrationslager überlebt hatte, veröffentlichte damals ein Buch über ihre innige Korrespondenz mit dem polnischen Priester. Wojtyla hatte ihr seit den 50er-Jahren geholfen, die schrecklichen Erlebnisse aus den KZ zu verarbeiten.

Mit Blick auf die Beziehung zu Tymieniecka bleibt unklar, wie weit Wojtyla sich über die tiefen Gefühle der aus einer polnisch-französischen Adelsfamilie stammenden Frau ihm gegenüber im Klaren war. Jedenfalls habe der Kardinal den Kontakt zu ihr nicht abgebrochen. Im Gegenteil: Er stand dazu und habe hervorgehoben, dass die enge Beziehung für ihn ein Geschenk Gottes sei. Wojtyla schenkte ihr gar ein kleines Skapulier, eine Art religiösen Schmuck, den er als Junge von seinem Vater geschenkt bekommen hatte.

Begonnen hat die Beziehung Anfang der 70er-Jahre, als Tymieniecka dem Krakauer Kardinal antrug, sein 1969 veröffentlichtes Buch "Person und Tat" ins Englische zu übersetzen. Aus dem Briefwechsel über philosophische Fragen entwickelte sich schnell eine sehr persönliche Korrespondenz, insbesondere, wenn Wojtyla sich in Rom aufhielt und nicht die polnische Zensur fürchten musste.

Schon bald kam es laut Dokumentation auch zu persönlichen Begegnungen, etwa zu gemeinsamen Wanderungen, Skifreizeiten oder Treffen in Rom. 1976 lud sie den Kardinal gar zu ihrer Familie aufs Land nach Vermont ein.

Die Wahl Wojtylas zum Papst am 16. Oktober 1978 ließ dann zwischenzeitlich dunkle Wolken aufziehen. Zwar nahm das Kirchenoberhaupt schon wenige Tage später den Kontakt zu ihr wieder auf. Für Verstimmung sorgte aber, dass der Vatikan offenbar kein Interesse daran hatte, dass durch das Buchprojekt die enge Zusammenarbeit Wojtylas mit einer Frau und Philosophin öffentlich wurde. Tymieniecka fühlte sich hintergangen, auch vom Papst.

Doch Johannes Paul II. hielt weiter Kontakt, und spätestens seit dem Attentat im Mai 1981 kehrte die alte Vertrautheit zurück. Tymieniecka besuchte den operierten Papst in der Klinik, hatte fortan leichten Zugang zum Vatikan und zur Sommerresidenz Castelgandolfo. Seinen letzten Brief an sie schrieb er wenige Wochen vor seinem Tod - und unterzeichnete ihn mit Karol Wojtyla. Noch einen Tag vor dem Tod besuchte sie ihn im Krankenhaus.

Glaubt man den Autoren, wurde Tymieniecka nach dem 2. April 2005 vom Vatikan systematisch totgeschwiegen - auch um die schnelle Selig- und Heiligsprechung des Papstes nicht zu gefährden. Der Film deutet unter Berufung auf Freunde Tymienieckas an, dass zumindest die Briefe Karol Wojtylas veröffentlicht werden könnten. Nach Ansicht der Autoren würde dann ein großer Widerspruch in der Persönlichkeit des polnischen Papstes deutlicher sichtbar: Wie konnte ein Mann, der auf persönlicher Ebene so offen und freimütig war, in seiner Glaubensverkündigung einen so doktrinären Kurs verfolgen, fragt der Film.

(felt/KNA)
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