Terror in Frankreich Nationalversammlung stimmt für Verlängerung von Ausnahmezustand

Paris · Die französische Nationalversammlung hat für eine Verlängerung des nach den Anschlägen von Paris verhängten Ausnahmezustands gestimmt. Die Abgeordneten votierten am Donnerstag für einen Gesetzesartikel, der den Ausnahmezustand um drei Monate verlängert.

Paris-Anschlag: So zeigt die Welt Solidarität
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Die Welt zeigt Solidarität nach dem Terror in Paris

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Foto: afp, ww/ACW/sr

Das gesamte Gesetz, das auch eine Verschärfung des Ausnahmezustands vorsieht, soll die Nationalversammlung noch am Donnerstag passieren; der Senat muss dann am Freitag zustimmen.

Wie lange soll der Ausnahmezustand dauern? Frankreichs Staatschef François Hollande verhängte den Ausnahmezustand wenige Stunden nach den Anschlägen vom 13. November, er trat um Mitternacht in Kraft. Laut einem Gesetz aus dem Jahr 1955 kann der Ausnahmezustand zunächst nur für zwölf Tage verhängt werden. Eine Verlängerung darüber hinaus bedarf eines Gesetzes und damit der Zustimmung des Parlaments. Der Ausnahmezustand soll nun ab Mitte kommender Woche - wenn die ersten zwölf Tage vorbei sind - um drei Monate verlängert werden, also bis Ende Februar.

Welche Maßnahmen konnten bislang ergriffen werden? Der Ausnahmezustand ermöglicht unter anderem Ausgangssperren, Wohnungsdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss auch in der Nacht und Hausarrest für Menschen, deren "Aktivität" sich als "gefährlich für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung erweist". Außerdem können Versammlungsverbote verhängt und Konzertsäle und Kinos geschlossen werden.

Die Behörden haben seit den Anschlägen auf eine Reihe dieser Möglichkeiten zurückgegriffen. So gab es nach Regierungsangaben mehr als 400 Wohnungsdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss, bei denen 87 Waffen beschlagnahmt wurden, darunter elf "Kriegswaffen". 118 Menschen wurden unter Hausarrest gestellt.

Außerdem wurden im Großraum Paris größere Versammlungen verboten, die Polizeipräfektur verlängerte diese Maßnahme zuletzt bis Sonntagabend. Die Behörden betonen aber, dass die spontanen Zusammenkünfte von Trauernden an den Anschlagsorten in Paris nicht untersagt sind.

Wie soll der Ausnahmezustand verschärft werden? Zusammen mit der Verlängerung soll der Ausnahmezustand auch in einer Reihe von Feldern verschärft werden. Insbesondere sollen die Möglichkeiten ausgeweitet werden, mutmaßliche Gefährder unter Hausarrest zu stellen. Bisher sah das Gesetz vor, dass die Aktivität eines Verdächtigen sich als gefährlich erweisen muss - "also wenn es schon zu spät ist", wie Premier Manuel Valls sagte. Künftig soll schon der "ernsthafte" Verdacht einer potenziellen Bedrohung ausreichen, um jemanden unter Hausarrest zu stellen, und zwar auf Grundlage von "Verhalten, Kontakten, Äußerungen und Projekten" eines Verdächtigen.

Außerdem soll der Ausnahmezustand erlauben, informelle extremistische Gruppen und Vereinigungen schnell zu verbieten. Die Maßnahme zielt unter anderem auf "radikale salafistische Moscheen" ab, wie Valls sagte. Bei von den Behörden angeordneten Wohnungsdurchsuchungen soll den Ermittlern erlaubt werden, sofort auf beschlagnahmte Handys und Computer zuzugreifen und die Daten für ihre Untersuchung zu kopieren.

Welche Geschichte hat der Ausnahmezustand - und welche Zukunft? Das Gesetz zum Ausnahmezustand wurde 1955 bei Beginn des Algerien-Kriegs beschlossen, der Notstand wurde in der Folge mehrfach ausgerufen. Nach Ende des Algerien-Kriegs wurde der Ausnahmezustand nur zwei Mal verhängt: Mitte der 80er Jahre nach politischen Unruhen auf der zu Frankreich gehörenden Inselgruppe Neukaledonien und 2005 nach schweren Vorstadt-Krawallen in Frankreich.

Die französische Regierung strebt nach den Anschlägen von Paris eine Verfassungsreform an, um besser auf die Bedrohung durch einen "Kriegs-Terrorismus" reagieren zu können. Insbesondere soll eine Art erweiterter Ausnahmezustand in der Verfassung verankert werden. Dem Präsidenten und den Behörden sollen so in Krisenzeiten leichter weitgehende Befugnisse verliehen.

(AFP/dafi)
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