Weltrangliste der Pressefreiheit Deutschland landet nur noch auf Platz 16

Düsseldorf · Die Panama Papers zeigen es: Wenn Medien weltweit zusammenarbeiten, haben sie eine erhebliche Macht. Andererseits gerät die Pressefreiheit vielfach unter Druck, wie eine neue Rangliste von Reporter ohne Grenzen zeigt. Deutschland rutscht in der Liste vier Plätze ab.

Demonstration von Internetaktivisten für Pressefreiheit.

Demonstration von Internetaktivisten für Pressefreiheit.

Foto: dpa, ped cul

"ARD-Korrespondent Volker Schwenck in Türkei festgesetzt." Die Meldung, die der Südwestrundfunk (SWR) am Dienstag verbreitet, wirft ein weiteres Schlaglicht auf die weltweite Situation der Pressefreiheit. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan persönlich sorgt dafür, dass zwei prominente Journalisten der Tageszeitung Cumhuriyet im Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung über Waffenlieferungen an Islamisten mit lebenslangen Haftstrafen wegen Spionage- und Terrorismusvorwürfen konfrontiert sind. Und gegen Satiriker Jan Böhmermann klagt er wegen dessen Schmähkritik in der Sendung "Neo Magazin Royale".

Von Polen bis Russland und von Mexiko bis China: Die Freiheit der Medien und ihrer Berichterstattung wird weltweit zunehmend bedroht — das geht aus der neuen Rangliste der Pressefreiheit für 2015 hervor, die die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen am Mittwoch veröffentlichte. "Die Pressefreiheit ist weltweit unter Druck", hatte Geschäftsführer Christian Mihr kürzlich in Berlin erklärt.

Einige Beispiele: In China wird die unter Hausarrest stehende Journalistin Gao Yu brutal eingeschüchtert. In Polen kündigt die neue konservative Regierung unliebsamen Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender. Und in Deutschland beklagen Verleger und Journalistenverbände eine wachsende Zahl von Angriffen gegen Berichterstatter bei Demonstrationen Rechtsextremer.

Als Gründe für die Entwicklung nennt der Bericht autoritäre Tendenzen bei vielen Regierungen wie in Ägypten und der Türkei, eine verschärfte Kontrolle öffentlicher Medien durch Regierungen — und das selbst in europäischen Ländern wie Polen — sowie Kriege und Bürgerkriege wie im Jemen, Libyen oder Burundi. Auch religiöse Ideologien und der wachsende politische Einfluss von Oligarchen übten Druck auf private und öffentlich-rechtliche Medien aus.

"Viele Staatsführer reagieren geradezu paranoid auf legitime Kritik durch unabhängige Journalisten", sagt ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. "Wenn sich selbstherrliche Präsidenten und Regierungen per Gesetz jeder Kritik entziehen, fördert das Selbstzensur und erstickt jede politische Diskussion."

Am besten gewährleistet ist die Pressefreiheit laut Rangliste in Finnland. Es folgen die Niederlande, Norwegen, Dänemark und Neuseeland. In der Rangliste von 180 Ländern liegt Deutschland auf Rang 16 und hat damit vier Plätze eingebüßt. Am schlechtesten sieht Reporter ohne Grenzen die Pressefreiheit in China, Syrien, Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea (Rang 176 bis 180) gewährleistet.

Die Schweiz verbessert sich um 13 Plätze auf Rang 7, und Österreich verliert vier Ränge und landet auf Rang 11. Großbritannien findet sich auf Platz 38, die USA auf 41 und Frankreich auf Platz 45. Zwei Plätze dahinter rangiert Polen, das damit im Berichtszeitraum um 29 Plätze nach hinten gefallen ist - das zweitgrößte Minus. Das größte Minus vergab die Medienorganisation an Tadschikistan (Platz 150) und Brunei (Platz 155). Beide Länder sanken in der Rangliste um 34 Plätze. Den größten Sprung nach vorn verzeichnete Tunesien, das um 30 Plätze auf Rang 96 vorrückte.

Laut Studie von Reporter ohne Grenzen haben sich alle wichtigen Indikatoren für Pressefreiheit verschlechtert. Das gelte insbesondere für die journalistische Infrastruktur: Manche Regierungen sperrten den Zugang zum Internet, zerstörten Rundfunkausrüstung oder Druckerpressen, um Äußerungen missliebiger Medien oder Blogger zu unterbinden. Auch die rechtlichen Bedingungen für Medien haben sich verschärft: Delikte wie "Präsidentenbeleidigung", "Gotteslästerung" oder "Unterstützung terroristischer Gruppen" würden gegen eine freie Berichterstattung ins Feld geführt.

Bereits Ende des Jahres hatte die Menschenrechtsorganisation eine Bilanz des Schreckens veröffentlicht: Danach starben 2015 mindestens 67 Journalisten wegen ihrer Arbeit. Auch 27 Bürgerjournalisten und sieben Medienmitarbeiter wurden getötet. Besonders viele Journalisten starben im Irak, in Syrien und im Jemen. Obwohl dies überwiegend Kriegsländer sind, sei eher der Anschlag auf die Zeitschrift Charlie Hebdo in Paris charakteristisch für die globale Entwicklung, so die Menschenrechtsorganisation: Fast zwei Drittel der weltweit getöteten Journalisten starben außerhalb kriegerischer Konflikte.

(kna)
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