Gift in Milch und Tierfutter Serbien vertuscht und verharmlost im Pilzskandal

Belgrad · Als vergangene Woche ein gesundheitsschädlicher Schimmelpilz in der Milch nachgewiesen wurde, reagierten die Behörden in Serbien wie so oft: Das Gesundheitsministerium verkündete im Schulterschluss mit dem Landwirtschaftsministerium, alles sei doch gar nicht so schlimm.

Es gebe keine Gesundheitsgefahr, wenn man denn nur mäßige Mengen zu sich nehme. Selbst für Kinder sei alles bestens. Landwirtschaftsminister Goran Knezevic trank vor Journalisten medienwirksam zwei Gläser Milch und beruhigte: "Mit diesem Wert können wir unsere Milch in zwei Dritteln der Welt ausführen." Am letzten Donnerstag griff die Regierung dann in die Trickkiste und verfügte kurzerhand die Anhebung des zulässigen Aflatoxin-Wertes von bisher 0,05 auf jetzt 0,5 Mikrogramm je Liter. Die Begründung: Solche großzügigen Grenzwerte seien auch in Russland, den USA, Indien und sogar beim EU-Mitglied Bulgarien erlaubt.

Am selben Tag, als das Pilzgift auch in Deutschland auftaucht, erhebt sich ein Sturm der Entrüstung in den serbischen Medien. "Die Vergiftung mit Aflatoxin wird legalisiert", titelte am Freitag die größte Zeitung "Blic" auf der ersten Seite. "Die Milch, die gestern noch als vergiftet zurückgezogen worden war, ist auf einmal in Ordnung." Der bulgarische Botschafter in Belgrad beeilte sich, den Landwirtschaftsminister zu dementieren, Sofia gehe ebenso großzügig mit dem krebserregenden Schimmelpilz um.

Man hätte wegen der langen Dürre im vergangenen Sommer wissen müssen, dass sich Schimmelpilze im Tierfutter Mais entwickeln, gaben am Freitag auch die Grünen zu bedenken. Die Behörden hätten versagt.
"Es ist ungerecht, wenn wir Verwaltungen bezahlen, die gegen unser Leben und unsere Gesundheit arbeiten", empörte sich die Partei.

Die Verzehnfachung der Pilzgift-Grenze in der Milch und den Milchprodukten stieß einzig bei der Wirtschaft auf breite Zustimmung. Schließlich habe der Schaden geschätzte 50 Millionen Euro im Monat für die Landwirte betragen, rechnete die serbische Wirtschaftskammer am Freitag vor. Aufgebrachte Bauern hatten schon in den letzten Tagen ihre Milch demonstrativ in Gullys geschüttet, um gegen den Ankaufstopp der großen Erzeuger zu protestieren.

Breite Zustimmung kam am Freitag auch von einem der großen Milchproduzenten. "Imlek"-Direktor Slobodan Petrovic lobte den Schachzug der Regierung als "einzig möglich". Schließlich habe die EU 2006 den Grenzwert von 0,05 Mikrogramm nur eingeführt, um Importe aus Brasilien, Argentinien und Neuseeland zu unterbinden, behauptete der Manager.

An diesem Samstag könnte es für den Landwirtschaftsminister Knezevic am Ende doch noch eng werden. Seine SNS-Regierungspartei hat zu einem Treffen ihres Präsidiums geladen. Erwartet wird, dass Knezevic seinen Hut nehmen muss.

(dpa/felt/sap)
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