AKW-Steuerung Spielen in Fukushima die Messgeräte verrückt?

Düsseldorf (RP). Die Ingenieure und Techniker des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi sitzen in ihrem Kontrollraum nicht vor einer Bildschirmwand. Sie müssen auch nicht sehen, was in einem der Reaktoren vor sich geht. Das würde ihnen kaum weiterhelfen. Vielmehr blicken sie auf eine Reihe von Messinstrumenten.

So sieht es in Block 3 in Fukushima aus
7 Bilder

So sieht es in Block 3 in Fukushima aus

7 Bilder

Und die liefern ihnen Angaben unter anderem zum Druck — in den Reaktordruckbehältern und im Sicherheitsbehälter. Ebenso geben sie die Temperatur im Reaktor an und den Wasserstand, der etwas darüber sagt, ob die Brennstäbe offen liegen oder in Wasser eingetaucht sind. Zumindest sollten sie das sein.

Ob alle Messinstrumente aber auch tatsächlich Daten liefern und ob die Werte stimmen, lässt sich nicht so genau sagen. Nach dem Erdbeben und dem Tsunami, nach den vermutlich eingesetzten Kernschmelzen in den Blöcken 1, 2 und 3 wurden längst die Bedingungen überschritten, unter denen die Sensoren zuverlässig arbeiten.

Offenbar haben in den vergangenen Tagen die Messgeräte in Fukushima mehrfach den Dienst versagt. Zumindest sind die Pannen, wie sie sich abgespielt haben, gar nicht anders zu erklären. Am Dienstag etwa wurden die Betreiber augenscheinlich von den Entwicklungen in Reaktor 4 völlig überrascht. Die Anlage war bereits abgeschaltet, die Brennstäbe im Abklingbecken. Zumindest vorübergehend soll das Kühlwasser gekocht haben.

Für eine solche Entwicklung gibt es nur zwei mögliche Erklärungen. Entweder die Anlage war hoffnungslos unterbesetzt, die Kontrollgeräte unbewacht. Der Betreiber hatte den Großteil seiner Mitarbeiter Anfang der Woche abgezogen, nur noch etwa 50 Ingenieure und Techniker sollen vor Ort sein. Oder aber die Messgeräte aus Reaktor 4 haben falsche beziehungsweise gar keine Daten angezeigt.

Bislang unbekannt ist, ob es in Fukushima eine Not-Warte gibt. Darüber ließen sich die wichtigsten Funktionen der Anlage von außen steuern. Am Mittwoch mussten die 50 letzten Mitarbeiter Reaktor 3 wegen der stark erhöhten Strahlung nicht mehr betreten. Üblicherweise wird die Luft für den Kontrollraum, die Warte, zwar gefiltert, damit die Ingenieure während ihrer Arbeit keine radioaktiven Partikel inhalieren. Sollte die Strahlung aber so groß werden, dass sie den Raum verlassen müssen, dann "gibt es in deutschen Kraftwerken eine Not-Warte", sagt Marco Koch, Professor für Reaktorsicherheit an der Ruhr-Uni Bochum. Ob es die aber auch in Japan gibt, könne er nicht sagen.

Die Radioaktivität am Kraftwerk wird dabei an mehreren Punkten gemessen. So lässt sich erkennen, ob nur eng begrenzt Strahlung ausgetreten ist oder aber eine radioaktive Wolke in die Region getragen wird. Zwischenzeitlich wurden so am Dienstag auf dem Gelände bis zu 400 Millisievert pro Stunde gemessen. Das wäre die Dosis, die ein Mitarbeiter während seiner gesamten Lebens-Berufszeit aufnehmen darf.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort