Drei Tote in Sydney Ermittler rätseln über das Motiv des Geiselnehmers

Sydney · Der Geiselnehmer, der Sydney über Stunden in Atem hielt und beim Zugriff der Polizei ums Leben kam, soll ein radikaler Muslim gewesen sein. Doch das genaue Motiv des Mannes für die Tat ist bisher unklar. Klar ist: Der 50-jährige Iraner hatte eine kriminelle Vergangenheit. Ihm wurden sexuelle Übergriffe in mehr als 40 Fällen sowie Beihilfe zum Mord an seiner Ex-Frau vorgeworfen.

 Dieses Foto zeigt den mutmaßlichen Geiselnehmer.

Dieses Foto zeigt den mutmaßlichen Geiselnehmer.

Foto: dpa, sd et mj bjw

Bei der Geiselnahme sind neben dem Geiselnehmer zwei weitere Menschen getötet und vier weitere verletzt worden. Das teilte die australische Polizei mit.

Der Geiselnehmer hatte 17 Besucher eines Cafés in der Innenstadt rund 16 Stunden in seiner Gewalt, ehe schwerbewaffnete Sicherheitskräfte das Lokal in der Nacht stürmten und die Geiselnahme beendeten. Laut Polizei war er ein Einzeltäter.

Der Mann, dem Australien Asyl gewährte, bezeichnete sich den Angaben zufolge selbst als muslimischer Kleriker und Heiler. Auf TV-Bildern war zu sehen, dass er ein Stirnband mit arabischen Schriftzeichen trug und mehrere seiner Geiseln im Lindt Chocolat Café am Martin Place in Sydneys Innenstadt zwang, eine schwarze Flagge mit dem muslimischen Glaubensbekenntnis in die Fensterscheibe zu halten.

Rätsel um Motiv

Die genauen Motive des Mannes sind laut Polizei unklar.
Übereinstimmenden Medienberichten zufolge forderte der Geiselnehmer mehrfach, den australischen Regierungschef Tony Abbott zu sprechen.
Polizeichef Andrew Scipione sagte, der Täter habe isoliert gehandelt, die Australier müssten ihr Leben "nun nicht ändern". Der Premier des Bundesstaates New South Wales, Mike Baird, sprach von einem "abscheulichen, bösartigen Angriff".

Irans Regierung verurteilte die Tat und bezeichnete den Geiselnehmer als geistesgestört. Der Iran habe die australischen Behörden mehrmals über den gestörten mentalen Zustand des iranischen Predigers informiert, sagte Außenamtssprecherin Marsieh Afcham am Montag in einer Presseerklärung. Der Mann sei schon vor fast 20 Jahren nach Australien ausgewandert und habe dort Asyl beantragt, so die Sprecherin.

Der Iraner sei wegen sexueller Übergriffe in mehr als 40 Fällen sowie im Zusammenhang mit dem Tod seiner Ex-Frau wegen Beihilfe zum Mord angeklagt, berichteten Medien übereinstimmend. Er sei gegen Kaution auf freiem Fuß gewesen, sagte Anwalt Manny Conditsis, der den Mann im vergangenen Jahr verteidigt hatte. Der Iraner schrieb auch Hassbriefe an Angehörige gefallener australischer Soldaten.

Fünf der Geiseln hatten noch am Tage aus dem Café im Geschäftsviertel entkommen können. Fotos zeigten eine Angestellte mit Schürze, die mit Panik im Gesicht auf Polizisten in schwerer Montur zurannte. Ob der Geiselnehmer seine Opfer freiließ oder sie flüchten konnten, sagte die Polizei nicht.

Die Beamten riegelten den Tatort weiträumig ab, überall gingen schwer bewaffnete Einsatzkräfte in kugelsicheren Westen in Stellung. Gebäude wurden geräumt, darunter vorsichtshalber auch das berühmte Opernhaus.
Die Polizei verhandelte nach eigenen Angaben mit dem Geiselnehmer.
Dann flüchteten in der Nacht gegen 02.10 Uhr sechs weitere Geiseln, worauf die Polizei das Lokal stürmte.

Sydney - Bilder der fünf Geiseln, der die Flucht aus dem Café gelingt
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Fünf Geiseln gelingt die Flucht

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Fernsehsender hatten den Geiselnehmer schon am Morgen durch ein Fenster des Cafés gefilmt. Auf der Fahne standen die Worte der sogenannten Schahada ("Es gibt keinen Gott außer Allah und Mohammed ist sein Prophet"), die auch von Islamisten wie der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) benutzt werden.

In Australien gilt seit September Terror-Alarmstufe drei von vier, was bedeutet: "Terroranschlag wahrscheinlich". Bei einer Großrazzia hatte die Polizei damals nach eigenen Angaben einen Anschlag auf australischem Boden vereitelt, bei dem ein beliebiger Passant auf der Straße entführt und enthauptet werden sollte. Australien beteiligt sich mit mehreren Hundert Elitesoldaten und Flugzeugen an der internationalen Allianz gegen die Terrormiliz IS in Syrien und Irak.

(dpa)
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