Anschlag im Thalys-Zug Spanien warnte Frankreich vor dem Attentäter

Duisburg · Der Marokkaner aus dem Thalys ist offenbar kein unbeschriebenes Blatt. Die Spanier warnten die Franzosen vor ihm als radikalen Islamisten. Dennoch konnte er schwer bewaffnet in den Zug steigen. Die Regierung in Paris reagierte. Thalys-Züge fahren jetzt mit Polizeischutz

 Dieses Foto, das die Nachrichtenagentur AFP verbreitet, soll den Attentäter zeigen.

Dieses Foto, das die Nachrichtenagentur AFP verbreitet, soll den Attentäter zeigen.

Foto: AFP

Polizisten patrouillieren in diesen Tagen in den Hochgeschwindigkeitszügen. Zur Zeit seien dies französische Sicherheitskräfte, es werde aber auch erwogen, belgische und niederländische Polizisten einzusetzen, sagte eine Sprecherin der belgischen Bahngesellschaft SNCB der Nachrichtenagentur Belga am Samstag. Auch an den Bahnsteigen in Brüssel, wo Thalys-Züge halten, werde Polizei eingesetzt.

Am Freitag hatte ein 25 Jahre alter Mann in einem Schnellzug von Amsterdam nach Paris geschossen, bevor er von Fahrgästen überwältigt wurde. Bei dem Vorfall wurden zwei Menschen verletzt. Der Festgenommene, der aufgrund seiner Fingerabdrücke als Marokkaner identifiziert wurde, soll nach französischen Behördenangaben einer radikal-islamistischen Bewegung angehören. Spanische Behörden hatten den Marokkaner den Franzosen als Islamisten gemeldet.

Der Marokkaner hatte nach spanischen Angaben zwischen 2007 und 2014 in Spanien gelebt. Wie die Zeitung "El País" am Samstagabend online berichtete, unterrichteten die spanischen Behörden Anfang 2014 Paris über die Gefährlichkeit des Mannes mit Verbindungen zum "radikalen Islamismus". Unter Berufung auf Quellen der spanischen Terrorbekämpfung hieß es zudem, der Marokkaner sei wegen Drogenschmuggels auch im Gefängnis gewesen.

Unterdessen feiern Frankreich und die USA die Fahrgäste, die den Schützen unter Lebensgefahr überwältigten, als Helden. Ihrer Courage und Beherrschung habe man viel zu verdanken, sagte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve am Samstag. Ein Mann hatte am Vorabend im Thalys-Zug von Amsterdam nach Paris das Feuer eröffnet. Mehrere Passagiere griffen ein und rangen ihn nieder, darunter zwei US-Soldaten. Zwei Menschen wurden bei dem Vorfall schwer verletzt.

US-Präsident Barack Obama lobte, die Passagiere hätten mit ihren "heldenhaften Taten" möglicherweise eine weitaus schlimmere Tragödie verhindert. Frankreichs Staatschef François Hollande lud sie für die kommenden Tage in den Élyséepalast ein, während französische Medien ihnen bereits den Ehrentitel "Helden des Thalys" verliehen. Und auch Nato-Oberbefehlshaber Philip M. Breedlove zeigte sich "extrem stolz" auf die beteiligten Militärs.

Insgesamt sollen fünf Fahrgäste an der Aktion gegen den Schützen beteiligt gewesen sein - ein Franzose, die beiden US-Soldaten in Zivil und ein befreundeter amerikanischer Student sowie ein britischer Geschäftsmann. Der Franzose war nach Darstellung Cazeneuves auf dem Weg zur Toilette, als der Mann mit der Waffe plötzlich vor ihm stand. Er versuchte, ihn zu stoppen, dann fielen Schüsse.

Die Soldaten kamen zu Hilfe: "Wir haben ihn gegen den Kopf geschlagen, bis er bewusstlos war", sagte Nationalgardist Alek Skarlatos. Der US-Sender CNN verbreitete ein Video, das den Schützen mit nacktem Oberkörper und gefesselten Armen auf dem Boden des Zugs zeigen soll. "Wir haben alle extrem Glück gehabt", betonte der britische Geschäftsmann Chris Norman. "Ich glaube, dass seine Waffe eine Ladehemmung hatte."

Der amerikanische Soldat Spencer Stone wurde mit einem Cutter-Messer verletzt. Ein Schuss traf einen Franko-Amerikaner an seinem Platz.

Der Fall liegt nun in den Händen der für Terrorismus zuständigen Pariser Staatsanwaltschaft, auch in Belgien wird ermittelt. Der Verdächtige wird in einem Vorort von Paris verhört. Er hatte auch eine automatische Pistole und zehn Magazine bei sich. Die Schüsse fielen, als der Thalys gerade durchs belgisch-französische Grenzgebiet fuhr.

Frankreich war in den vergangenen Monaten wiederholt Ziel von Terroranschlägen oder -plänen mit islamistischem Hintergrund. Im Januar schockierten die blutigen Attacken auf die Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo" und einen jüdischen Supermarkt das Land. In der Region Paris gilt die höchste Terrorwarnstufe.

(dpa)
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