Fall aus Wisconsin Vatikan soll Missbrauchstäter gedeckt haben

New York (RPO). Neue Vorwürfe gegen den Vatikan im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in den USA. Hohe Offizielle des Kirchenstaates sollen es versäumt haben, einen Priester seines Amtes zu entheben, der sich in über 200 Fällen an gehörlosen Kindern vergangen haben soll. Warnungen und Hinweise soll es mehrfach von amerikanischen Bischöfen gegeben haben.

Das berichtet die "New York Times" unter Berufung auf kirchliche Akten, die im Zusammenhang mit einem Justizfall aufgetaucht waren.

Mehrere Briefe von Bischöfen aus Wisconsin direkt an den damaligen Kardinal Ratzinger sollen belegen, dass sich die Kirchenoffiziellen darüber stritten, ob der Priester abgesetzt werden sollte. Höchste Priorität hätte jedoch gehabt, jeglichen Schaden von der Kirche fernzuhalten.

Bei dem Fall geht es um einen amerikanischen Priester, der von 1950 bis 1974 an einer renommierten Schule für Gehörlose arbeitete. 1996 soll der damalige Kardinal Ratzinger laut des Berichts nicht auf zwei Briefe zu dem Fall geantwortet haben. Geschrieben wurden sie vom Rembert G. Weakland, Erzbischof von Milwaukee.

Kardinal Tarcisio Bertone, Mitglied der vatikanischen Glaubenskongregation, soll daraufhin die Bischöfe in Wisconsin angewiesen haben, ein geheimes Verfahren einzuleiten, an dessen Ende der beschuldigte Priester Lawrence Murphy aus seinem Amt entfernt werden sollte.

Doch musste Bertone das Vefahren dann angeblich wieder stoppen, nachdem sich Murphy schriftlich bei Kardinal Ratzinger - damals Chef der Glaubenskongregation - darüber beschwert hatte. Er sei krank, habe bereut und außerdem seien die Fälle laut der Kirchenregeln bereits verjährt, argumentierte Murphy in dem Brief. Ein Antwort Ratzingers darauf sei in den gefundenen Unterlagen nicht zu finden, so die "New York Times".

Wie die Zeitung weiter schreibt, soll der Vatikan versucht haben, die Schreiben geheim zu halten. Doch man habe sie von zwei Rechtsanwälten bekommen, die Klagen gegen die Erzdiözese Milwaukee eingereicht haben.

Murphy wurde jedoch nicht nur von kircheninterner Verfolgung verschont. Auch Polizei und Staatsanwälte hätte sich des Falls nicht angenommen und Hinweise der Opfer Murphys ignoriert. Drei weitere Erzbischöfe von Wisconsin hätten gewusst, so der Bericht, das Murphy sich an Kinder vergangen habe. Doch niemals sei etwas an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet worden.

Statt bestraft zu werden, wurde Murphy 1974 still und leise in eine andere Diözese im Norden Wisconsins versetzt. Dort verbrachte er die letzten 24 Jahre seines Lebens, arbeitete unbehelligt als Priester mit Kindern und Jugendlichen. 1998 starb er.

(csr/rai)
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