Geschichte einer doppelten Heilung Wie eine Elster eine Familie rettete

Sydney · Kurz nachdem die Australierin Sam Bloom durch einen Unfall querschnittsgelähmt wurde, adoptierte die Mutter von drei Kindern ein verletztes Elsterküken. Die bewegende Geschichte einer doppelten Heilung ist jetzt als Buch erschienen.

 Die Familie Bloom (v.l. die Söhne Oli, Rueben, Vater Cameron, Mutter Sam und Sohn Noah) sitzt mit dem Vogel Penguin auf einer Liege (undatierte Aufnahme). Nach dem Sturz von einer Hotelterrasse sitzt Sam Bloom im Rollstuhl. Aus ihren Depressionen kam sie mit Hilfe von dem Vogel heraus.

Die Familie Bloom (v.l. die Söhne Oli, Rueben, Vater Cameron, Mutter Sam und Sohn Noah) sitzt mit dem Vogel Penguin auf einer Liege (undatierte Aufnahme). Nach dem Sturz von einer Hotelterrasse sitzt Sam Bloom im Rollstuhl. Aus ihren Depressionen kam sie mit Hilfe von dem Vogel heraus.

Foto: dpa, csa

Die Geschichte der Familie Bloom ist traurig und zugleich schön. Traurig, weil ein junger Vogel seine Familie verloren hat, traurig, weil die Australierin Sam Bloom, eine Mutter dreier junger Söhne, seit einem Sturz im Urlaub gelähmt ist. Und schön, weil ein kleiner, hilfloser Vogel mit Hilfe der Blooms überlebte und es im Gegenzug schaffte, die Familie aus einem existenziellen Tief herauszuholen und sie wieder Freude am Leben verspüren ließ. Zunächst teilte der Familienvater und Fotograf Cameron Bloom die Geschichte seiner Familie nur auf dem sozialen Netzwerk Instagram. Nachdem sie dort Tausende berührte, ist sie als Fotobuch erschienen - jetzt auch auf Deutsch.

Die Geschichte der Blooms begann mit einem Unfall. Während des ersten großen Familienurlaubs in Thailand gab ein Geländer nach, an das sich die Mutter der Familie, Sam Bloom, gelehnt hatte. Sie stürzte mehrere Meter in die Tiefe. "Es gab kein Organ, das nicht in Mitleidenschaft gezogen worden wäre", sagte Cameron Bloom. "Ihr Rückgrat war am sechsten und siebten Brustwirbel gebrochen."

Sam Bloom war von der Brust abwärts gelähmt, würde ihr gesamtes Leben im Rollstuhl verbringen. Auch ihr Geschmackssinn funktionierte nicht mehr, und starke Migräne-Anfälle quälten sie. Als Sam Bloom nach sieben Monaten im Krankenhaus wieder nach Hause kam, war sie nicht nur körperlich, sondern auch emotional am Boden.

 Penguin Bloom ist typische Elster — und neugierig.

Penguin Bloom ist typische Elster — und neugierig.

Foto: dpa, csa

Genau zu diesem Zeitpunkt trat "Penguin" in das Leben der Familie. "Sie war nur ein kleines Elsterküken mit wackeligem Kopf, als mein Sohn Noah sie auf dem Parkplatz neben dem Haus seiner Großmutter fand", schreibt Cameron Bloom. Das Küken war aus seinem Nest in 20 Meter Höhe gefallen und hatte einen verletzten Flügel. Damit es überleben konnte, brauchte es den Einsatz der ganzen Familie. Die drei Söhne, Mutter und Vater wechselten sich bei der Pflege ab. Alle zwei Stunden musste es gefüttert werden. Es war, als hätten die Bloom-Söhne eine kleine Schwester bekommen.

Sie hatten noch nicht mal einen Käfig

"Wir besaßen keinen Vogelkäfig und hatten auch nicht vor, einen zu kaufen", sagt der Vater. Schließlich sei "Penguin", wie sie die Elster wegen ihres schwarz-weißen Gefieders getauft hatten, ein Wildvogel. Wie in Sams Fall schien auch "Penguins" Überleben manchmal auf Messers Schneide zu stehen. Es gab Tage, an denen sie kaum aß und trank. Doch die Familie gab sie nicht auf. Vor allem Sam Bloom baute trotz oder gerade wegen ihrer eigenen Situation eine besondere Verbindung zu dem Vogelküken auf. "Wir spielten mit Penguin, sangen ihr etwas vor und bewegten sie dazu, gut zu essen und ihren verletzten Flügel zu trainieren", erinnert sich die Familie.

Das Chaos, das der Vogel, der ja nicht stubenrein war, anrichtete, nahmen die Blooms hin. Denn je mehr ihr Vogelnachwuchs aufblühte, umso mehr Lebenswillen gewann auch Mutter Sam, die durch ihre Lähmung oft von starken Schmerzen geplagt wurde. Mit der Zeit wurde "Penguin" immer zutraulicher, setzte sich auf Schultern und Köpfe, kuschelte im Bett und mit Stofftieren, klaute Spaghetti und schaute Filme zusammen mit ihren "Brüdern". "Wenn es Sam schwerfiel, in Schwung zu kommen, zwitscherte ihr Penguin neue Kraft zu", sagt Cameron Bloom. Selbst wenn Sam ihre Therapien bekam, "Penguin" war stets an ihrer Seite.

Irgendwann wurde "Penguin" trotz ihrer Flügelverletzung flügge: "Bei allem Respekt für die Gebrüder Wright und ihren historischen Jungfernflug in North Carolina im Jahre 1903, für Familie Bloom fand der bedeutsamste erste Flug aller Zeiten in ihrem Wohnzimmer statt", sagen die Blooms. "Penguin" war bereit, in die Welt hinauszufliegen. Während "Penguin" heute wieder in Freiheit lebt, hat die Familie zwei neue, elternlose Elstern in ihrer Obhut. Denn Penguins Erfolg dabei, sich die Welt zurückzuerobern, wurde zu dem der Familie Bloom, in der die Freude am Leben wieder überwog.

"Zu Beginn dachten wir, wir würden Penguin retten", sagen die Blooms. Doch tatsächlich habe "Penguin" sie gerettet.

(RP)
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