Erste Homo-Ehe in Frankreich Zwei Männer trotzen dem Hass der Straße

Historische Stunde in Montpellier: An diesem Mittwoch heiraten in Frankreich erstmals zwei Männer. Dafür braucht es großen Mut. Wütende Proteste gegen die Homo-Ehe spalten das Land. Zunehmend übernehmen gewaltbereite Rechtsextreme die Regie. Das Hochzeitspaar lässt sich davon nicht abschrecken. "Das ist keine politische Aktion, sondern eine Liebesheirat", sagen sie.

Vincent Autin lebt in Montpellier und ist aktiv in der Schwulenbewegung. Sein künftiger Mann Bruno Boileau, früher in der Region Paris zu Hause, lebte früher nicht offen schwul. Seit rund sieben Jahren sind die beiden Männer ein Paar. An diesem Mittwoch wollen sie im Rathaus von Montpellier heiraten.

Ihre Hochzeit ist in Frankreich ein Politikum. Sie ist der Höhepunkt eines Kulturkampfes, der das Land seit Monaten spaltet. Präsident Francois Hollande hatte die Homo-Ehe und ein Adoptionsrecht für Homosexuelle als zentrale Wahlversprechen auf den Weg gebracht.

Rechtsextreme suchen Randale

Konservative, Kirche und andere Homo-Gegner reagierten mit Empörung und demonstrierten wütend auf der Straße. Immer wieder kam es zu Krawallen, der Graben hat sich seit Beginn der Auseinandersetzung vertieft. Die Zustimmung zur Homo-Ehe sank inzwischen auf etwa 50 Prozent.

Am vergangenen Wochenende waren abermals Hunderttausende in Paris auf der Straße. 150.000 nach Zählweise der Polizei, eine Million aus Sicht der Veranstalter. 36 Menschen wurden bei Ausschreitungen verletzt, augenscheinlich auch, weil rechtsextreme Gruppen zunehmend die Proteste als Anlass für Randale nutzen.

Hochzeit mit Straßenschlachten

"Die Schlacht fängt gerade erst an. Sie wird bis zum Sieg geführt", erklärte unlängst eine Gruppierung, die sich in Anlehnung an die Freiheitsbewegungen im arabischen Raum Französischer Frühling nennt. Der sozialistische Innenminister Manuel Valls zeigte sich bereits alarmiert und prüft, ob die Gruppe aufgelöst werden kann.

Kriegs-Rhetorik, Randale, und wütenden Proteste, das sind die Rahmenbedingungen für die Hochzeit von Vincent Autin (40) und Bruno Boileau (30). Kennzeichnend für die angespannte Lage ist das, was derzeit beim deutschen Nachrichtensender N24 auf dem Bildschirm zu sehen ist: Die Schlagzeile "Erste Schwulen-Ehe in Frankreich" kombiniert mit den Bildern der Schlägereien, Rauchbomben und Proteste auf der Straße. Bilder der jüngsten Ausschreitungen lassen eher an geplante Straßenschlachten von Hooligans denken als an die Entladung spontaner Emotionen empörter Bürger.

Entsprechend groß ist die Anspannung. 80 Polizisten sollen gewährleisten, dass bei der Trauung an diesem Mittwochnachmittag nichts passiert. Die Pläne für eine öffentliche Feier, bei der das Paar seinen Unterstützern danken wollte, wurden lieber kassiert. Die für den Abend geplante Party findet an einem geheimen Ort statt. Nur die offizielle Trauung lässt sich als Gegen-Demonstration verstehen: Wenn das Paar sich das Ja-Wort gibt, werden neben 200 Freunden und Verwandten auch 300 Gäste aus Politik und Gesellschaft sowie 130 Journalisten dabei sein.

Die beiden Männer haben ein Ziel

An der Spitze zahlreicher Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben steht die Regierungssprecherin und Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem. Allerdings betont sie, "außerhalb der offiziellen Funktionen" der "Zeremonie von Freunden" beizuwohnen. Sie war es, die den Aktivisten Autin schon im vergangenen Jahr fragte, ob er und sein Partner nicht die erste Homo-Ehe in Frankreich schließen wollten.

Natürlich lässt das alles Autin und Boileau nicht kalt. "Unsere Hochzeit ist sehr mediatisiert. Das kann einen schon einschüchtern", sagt Boileau. "Aber wir versuchen immer, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: Was wir wollen, ist die Gleichheit für alle. Dass - egal ob Monsieur oder Madame - jeder im Rathaus seiner Stadt heiraten kann."

"Wir werden wachsam sein"

Für sie ist die Hochzeit eben nicht nur eine Besieglung einer Liebe, sondern auch Bekenntnis. "Es ist eine Botschaft, ein Signal an die Länder, in denen Homosexualität eine Straftat ist", sagte Autin in einem der zahlreichen Interviews vor der Hochzeit.

Die Behörden jedenfalls sind vorbereitet. Innenminister Valls kündigte am Wochenende eine harte Linie gegen jene an, die Hochzeiten von Schwulen und Lesben stören wollen. "Es wäre nicht zu tolerieren, dass Individuen jene angreifen, die einen wichtigen Schritt in ihrem Leben vollziehen. Wir werden keine Störung der öffentlichen Ordnung dulden." Die Hochzeiten sollten "ein Moment des Glücks" werden, die Polizei werde "wachsam" sein, versprach der Minister.

(dpa/AFP/pst/das/jco)
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