Friedenspreis für "Kriegspräsidenten" Zweifel an Nobelpreis für Obama

Düsseldorf (RP). US-Präsident Barack Obama nimmt heute in Oslo den Friedensnobelpreis unter besonderen Vorzeichen entgegen. Denn selten war ein Preisträger umstrittener. Die Zeremonie im Rathaus droht deshalb von Protest überschattet zu werden.

So lief Obamas Tag in Oslo
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Wenn US-Präsident Barack Obama heute in der norwegischen Hauptstadt den Friedensnobelpreis 2009 entgegen nimmt, steht ihm ein schwieriger Spagat bevor. Dass der Präsident nur wenige Tage vor der Verleihungszeremonie seine Entscheidung bekannt gegeben hat, in Afghanistan die militärische Eskalation zu suchen, werten Kritiker als Affront. Gegner der US-Einsätze in Irak und Afghanistan haben bereits Proteste in Oslo angekündigt.

Obama wird seinen von einem Großaufgebot der norwegischen Polizei abgeschirmten Aufenthalt in Oslo auf einen Blitzbesuch beschränken. Eine Pressekonferenz vor der Preisverleihung ließ der Präsident ebenso kurzfristig absagen wie seine Teilnahme am traditionellen Essen mit dem norwegischen König und einem Festkonzert im Anschluss an die Verleihungszeremonie.

Friedenspreis als "Kriegspräsident"

Obama werde den Friedenspreis in seinem Selbstverständnis als "Kriegspräsident" entgegennehmen, kündigte sein Sprecher Robert Gibbs an. Der US-Präsident werde in Oslo ausdrücklich auf die zeitliche Nähe zwischen der Preisverleihung und seiner Entscheidung zur Truppenaufstockung in Afghanistan eingehen und die in bestimmten Situationen gegebene Notwendigkeit von Militäreinsätzen zur Erzwingung des Friedens auch begründen.

"Das ist aber nicht das, was das Nobelkomitee erwartet oder gewünscht hat, als es Obama im Oktober den Preis zuerkannt hat", urteilte der Präsident des Brookings-Instituts in Washington, Strobe Talbott. Die Ehrung sahen die Komiteemitglieder erklärtermaßen als Ermunterung zum weiteren Beschreiten eines friedfertigen Weges. Zu handfesten außenpolitischen Erfolgen hat dieser Weg Obama freilich noch nicht geführt. Seine bislang konkreteste außenpolitische Entscheidung war es, die Zahl der US-Soldaten in Afghanistan von 34.000 bei seinem Amtsantritt auf 100.000 im kommenden Jahr zu erhöhen.

Eine politisch delikate Entscheidung

Auch Obamas Lavieren bei der Frage des Beitritts der USA zur Anti-Landminen-Konvention sorgte jüngst für erhebliche Verstimmung. Vor einer Unterschrift wolle man das Abkommen erst noch weiter prüfen, beschied Obama und blieb damit auf der ablehnenden Linie seiner Vorgänger. Mit Blick auf seinen Friedensnobelpreis handelte es sich freilich um eine politisch delikate Entscheidung. Immerhin war einer von Obamas Vorgängern als Nobelpreisträger die "Internationale Kampagne zum Verbot von Landminen", die vor zwölf Jahren für ihren Kampf gegen die tückischen Sprengfallen geehrt wurde.

Die Vergabe der weltweit wichtigsten politischen Auszeichnung an Obama hatte schon nach ihrer Bekanntgabe vor acht Wochen heftige Kritik ausgelöst. Der Geehrte selbst betonte damals: "Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass ich es verdient habe." Seither hat Obama es nach Möglichkeit vermieden, den Preis zu erwähnen, der in den USA überwiegend negativ aufgenommen wurde.

Dass ihr Präsident im Ausland mit einem Friedenspreis geehrt wird, sorgt vor dem Hintergrund einer zunehmend isolationistischen Stimmung in der durch Wirtschaftskrise und Kriegseinsätze verunsicherten amerikanischen Bevölkerung eher für Argwohn als für Stolz.

Auch in einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des New Yorker Quinnipiac-Instituts gaben 61 Prozent der befragten Amerikaner an, Obama habe den Preis nicht verdient. Nur 21 Prozent sahen die Würdigung als gerechtfertigt an. Zugleich zeigte sich, dass Obama mit seiner Demonstration militärischer Entschlossenheit überzeugt hat. Hatte sich zuletzt noch eine Mehrheit der Amerikaner gegen den Afghanistan-Einsatz ausgesprochen, sind jetzt wieder 57 Prozent einverstanden mit der Strategie am Hindukusch.

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