Düsseldorf Badekugeln aus dem Kochtopf

Düsseldorf · Wer wissen will, was drin ist, macht es einfach selbst - das gilt inzwischen nicht nur für Lebensmittel, sondern auch für Kosmetikprodukte. Der Trend hat bereits Do-it-yourself-Sets für Shampoo und Seife sowie TV-Shows hervorgebracht.

Die Revolution des Jean Pütz erlebt ihren zweiten Frühling: Vor 40 Jahren traf der Moderator einen Nerv, als er in seiner Fernsehsendung "Hobbythek" (WDR) nicht nur Männer dazu animierte, handwerklich tätig zu werden, sondern auch Frauen, Shampoos und Cremes selbst anzurühren. Chemische Inhaltsstoffe ersetzte er durch natürliche Alternativen - und genau dieser Trend erreicht derzeit wieder einen Höhepunkt. Die besorgte Hausfrau der 70er, die sich vom Mann mit der auffälligen Gesichtsbehaarung wertvolle Tipps geben ließ, ist zur emanzipierten Verbraucherin geworden, die wissen möchte, was in den Produkten steckt, die sie konsumiert.

"Naturkosmetik selber zu machen, bedeutet einfach, dass man die komplette Kontrolle darüber hat, was zum Beispiel in Cremes drin ist - und was nicht", sagt Anita Bechloch. Die Autorin rührt in ihrer Sendung "The Glow" (Sixx) Cremes, Gesichtspeelings, Badekugeln und Seifen selbst an - mit natürlichen Zutaten wie Mandeln, Papaya, Minze, Kokosöl und Kakaobutter. Was köstlich klingt, landet tatsächlich auch im Kochtopf - oder zumindest in der Rührschüssel. "Kosmetik selbst herzustellen, geht auf jeden Fall schneller als Kochen oder Backen", sagt Bechloch in ihrer Sendung. "Meist schmilzt man einfach etwas wie Bienenwachs oder Kakaobutter, reichert es mit Ölen an und lässt es wieder aushärten."

Günstiger und verträglicher soll die selbst gemachte Kosmetik sein - das verspricht auch das Do-it-yourself-Set "Cosmetic Kitchen" der österreichischen Firma Bademeisterei. Das Set ist in Deutschland bei zwei Drogerie- und Parfümerieketten erhältlich - und hatte seinen ersten großen Auftritt vor zwei Wochen in der Sendung "Die Höhle der Löwen" (Vox). Dort werden neue, innovative Produkte vorgestellt. Das Duschgel-Selbstmach-Set für Einsteiger etwa beinhaltet einen Shaker, eine vegane Duschgel-Basis, zwei verschiedene Duftsorten und zwei Farben. "Innerhalb weniger Sekunden hat man so ein fertiges Duschgel, das man mit Ingwertee, frischer Minze oder anderen Zutaten verfeinern kann", sagt Jens Gutermann von der Bademeisterei. Alle Produkte sind vegan und tierversuchsfrei - "das war für uns extrem wichtig", sagt Gutermann. Mit dem "Kochbuch", das rund 100 Rezepte enthält, lassen sich Badekugel, Duschgel und Co. individualisieren.

Wer alles von Grund auf selbst machen möchte, der muss sich vorher einen Grundstock verschiedener Inhaltsstoffe zulegen, erklärt Anita Bechloch. Das sei am Anfang etwas teurer, unterm Strich spare man aber mit den selbst gemachten Produkten. "Das ist wie der Unterschied, ob man selber kocht oder ins Restaurant geht", sagt sie auf Sixx. Alle weiteren Zutaten wie Früchte, Kräuter oder Honig bekomme man beispielsweise auf dem Markt.

Rezepte für Kosmetikprodukte gibt es aber nicht nur von Anita Bechloch, Jean Pütz oder der Bademeisterei. Das Internet ist voll von Anleitungen - mit denen man jedoch vorsichtig sein sollte, sagt Klaus-Werner Schulte, Facharzt für Dermatologie an der Klinik am Kaiserteich in Düsseldorf. "Es gibt sicherlich gute Produkte, aber auch viel Müll. Für den Laien ist wichtig: Je weniger Inhaltsstoffe, desto besser." Im Schnitt komme man über seine Kosmetikprodukte täglich mit mehr als 100 Chemikalien in Kontakt, heißt es bei "The Glow" - und tatsächlich sind die Inhaltslisten auf den Rückseiten vieler Pflegeprodukte ziemlich lang.

Vorsicht ist aber auch bei natürlichen Zutaten wie pflanzlichen Bestandteilen geboten, sagt Schulte. So enthielten Kamille und Ringelblume oft Allergene. Menschen mit bekannten Allergien sollten daher vor dem Gebrauch Rücksprache halten mit einem Hautarzt oder dem Hersteller. Auch bei der Haltbarkeit gelte es einiges zu beachten, sagt Schulte: "Die Frage ist: Wie lange kann ich das Produkt benutzen, wie sauber habe ich selbst gearbeitet?" Anita Bechloch erklärt, dass es bei der Haltbarkeit große Unterschiede gebe. Im Schnitt seien die Produkte, die mit ihren Rezepten hergestellt werden, sechs Monate haltbar. "Wenn kein Wasser und keine frischen Zutaten drin sind, halten sie bis zu einem Jahr." Bei Cremes und Seifen, die Früchte oder Kräuter enthalten, sei es wie mit Lebensmitteln: Sie sollten schnellstmöglich verbraucht werden.

Alles in allem verhält es sich mit dem Kochen von Shampoos und Duschgels wie mit dem Kochen von Lebensmitteln: Kaufen oder selbst machen - es ist eine Frage der Einstellung. Und wer wissen will, was drin ist, macht es selbst.

(RP)
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