Meerbusch Beinahe-Unfall erinnert an Meerbusch

Meerbusch · In Gruiten war bereits im Februar ein ICE fast auf einen Regionalzug gefahren.

Nach dem Zugunglück von Meerbusch bleibt die Bahnstrecke zwischen Neuss und Krefeld voraussichtlich bis zum 16. Dezember gesperrt. Neben der Reparatur der Unfallschäden werden in der kommenden Woche auch seit Langem geplante Gleis- und Weichenerneuerungen durchgeführt, wie die Deutsche Bahn gestern mitteilte. Nach dem Unfall mit mehr als 50 Verletzten müssen zumindest ein Oberleitungsmast und die Oberleitung auf einer Länge von 1500 Metern erneuert werden.

Im Meerbusch war ein Regionalzug von National Express auf einen Güterzug aufgefahren. Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler hatte der Lokführer aber einen Fahrauftrag erhalten, obwohl die Strecke nicht frei war. Einen Beinahe-Unfall, der Parallelen zum Unglück vom Dienstagabend aufweist, hatte es in NRW bereits im Februar gegeben. Damals war ein ICE auf ein Gleis im Bahnhof von Gruiten bei Solingen gefahren, auf dem eine Regionalbahn des privaten Zugbetreibers National Express stand. Der Lokführer des ICE konnte durch eine Notbremsung eine Kollision der Züge wie in Meerbusch verhindern. Dies geht aus einem Bericht der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchungen hervor.

Der Untersuchung zufolge hatte der Fahrdienstleiter fälschlicherweise die Einfahrt genehmigt. Als der Lokführer des ICE den vor ihm stehenden Zug bemerkte, leitete er eine Vollbremsung ein. Der ICE kam 15 Meter vor der Regionalbahn zum Stehen. Verletzt wurde niemand. "Unter leicht geänderten Bedingungen hätte das Ereignis zu einem schweren Unfall führen können", heißt es in dem Bericht. Aus der Untersuchung leitete die Bundesstelle eine Sicherheitsempfehlung ab: Das betriebliche Regelwerk der Bahn in solchen Fällen müsse geprüft und möglicherweise geändert werden, um "etwaige Fehlinterpretationen durch den Anwender möglichst auszuschließen". Ob Maßnahmen ergriffen werden, entscheidet das Eisenbahn-Bundesamt.

Für Lothar Ebbers vom Fahrgastverband ProBahn ist auch die Stellwerktechnik erneuerungsbedürftig. "Mehr Verkehr auf den Schienen bedeutet zudem eine steigende Zahl von Fehlern", sagt Ebbers. Mit elektronischen Stellwerken sei sowohl eine verbessere Ortung der Züge als auch eine andere Art der Datenübertragung zu den Fahrzeugen möglich, dies verringere die Fehleranfälligkeit. Noch aber seien viele herkömmliche Gleisbildstellwerke in Betrieb, die jedoch sukzessive ausgetauscht würden. Gerade wurde in Wuppertal ein elektronisches Stellwerk gebaut und angeschlossen, die Stadt dafür aber auch wochenlang vom Bahnnetz genommen. Rund drei Jahre dauere es, um ein modernes Stellwerk zu bauen, sagt Ebbers. Um alle alten Stellwerke zu erneuern, müssten sicher rund 30 Jahre kalkuliert werden.

(dpa/jis)
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