Kabarettist zog über Verwaltungsbeamte her Beleidigungsklage Wiesbadens gegen Dieter Hildebrandt gescheitert

Wiesbaden/Berlin (dpa). Dieter Hildebrandt muss sich nicht wegen Beleidigung der Stadt Wiesbaden und ihrer Beamten vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Berlin stellte das Verfahren gegen den Kabarettisten ein (Az. 78 Js 98/00).

Der Satiriker hatte in der ARD-Sendung "Scheibenwischer" im April die Abschiebeanordnung der Wiesbadener Ausländerbehörde gegen eine kurdische Familie aufgegriffen. Dabei fragte er, ob die Behördenmitarbeiter "vielleicht nachträglich noch in die SS eintreten" wollten oder ob es sich bei ihnen um "rechtsradikale Türken" handele. Darin sah die Stadt eine Ehrverletzung der Bediensteten, die lediglich in Einklang mit den Gesetzen ihre Pflicht getan hätten, und stellte Strafanzeige.

Die Staatsanwaltschaft Berlin hielt Hildebrandts Äußerungen zwar für "grundsätzlich geeignet, den objektiven Tatbestand der Beleidigung auszufüllen", stufte die Kunstfreiheit aber höher ein. Die Grenze zur Schmähkritik sei erst dann überschritten, wenn eine Äußerung nicht angebliche oder tatsächliche Umstände kritisieren wolle, sondern ausschließlich auf die "verbale Verletzung und Vernichtung einer Person" ziele. Hildebrandt aber habe lediglich in grotesker Überspitzung seine Fassungslosigkeit über das Vorgehen der Ausländerbehörde zum Ausdruck bringen wollen.

Der Wiesbadener Oberbürgermeister Hildebrand Diehl (CDU) nannte am Montag die Entscheidung des Gerichts "unverständlich". Die Abschiebeanordnung gegen die elfköpfige kurdische Familie hatte im April bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Familie entzog sich jedoch der Maßnahme und flüchtete nach Mainz ins Kirchenasyl, das sie inzwischen mit unbekanntem Ziel verlassen hat.

(RPO Archiv)
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