Dubai Bestürzung über Tod einer Kriegs-Fotografin

Dubai · Immer wieder berichtete die Fotografin Anja Niedringhaus aus Krisengebieten. Kurz vor der Wahl in Afghanistan wurde sie nun erschossen – von einem Polizisten.

Mit ihrer Kamera dokumentierte die deutsche Fotografin Anja Niedringhaus über 20 Jahre lang die Realität des Krieges: in Bosnien, im Irak und schließlich in Afghanistan. Dort, im Osten des Landes am Hindukusch, wurde die 48-Jährige gestern kaltblütig erschossen, als sie Wahlhelfer für eine Reportage begleitete. Die Fotojournalistin arbeitete für die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP). Sie starb einen Tag vor der Präsidentenwahl in Afghanistan.

Die US-Nachrichtenagentur bestätigte den Tod ihrer langjährigen preisgekrönten Mitarbeiterin. Die mit Niedringhaus reisende kanadische AP-Reporterin Kathy Gannon (60) wurde demnach bei dem Beschuss in der Unruheprovinz Chost verwundet. Gannons Zustand sei stabil, teilte AP weiter mit. Wie ein Kameramann berichtete, der Augenzeuge des Angriffs auf Niedringhaus wurde, waren die beiden Journalistinnen in einem von Sicherheitskräften bewachten Konvoi mit Wahlhelfern unterwegs. Ein Polizist sei auf das Auto zugekommen, habe "Allahu Akbar" gerufen, das Feuer auf das Auto der beiden eröffnet und sich dann den Sicherheitskräften ergeben.

Niedringhaus und Gannon hatten jahrelange Erfahrung in der Region und anderen Konfliktgebieten. Die radikal-islamischen Taliban bestritten, an der Tat beteiligt gewesen zu sein. Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid sagte laut lokalen Medien, es scheine sich um eine "private Angelegenheit" zu handeln. Allerdings haben die Aufständischen in der Vergangenheit fast immer Attentate auf unbewaffnete Zivilisten abgestritten, auch wenn vieles auf ihre Täterschaft hinwies. Dies galt besonders für Anschläge auf Frauen und Kinder, weil dies angeblich dem Ehrenkodex der Taliban widerspricht.

"Reporter ohne Grenzen" äußerte sich bestürzt über das Verbrechen. "Der Angriff zeigt, wie extrem gefährlich Afghanistan für Journalisten immer noch ist", erklärte Christian Mihr, Geschäftsführer des deutschen Zweigs der Journalistenorganisation. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zeigte sich entsetzt. Es sei grauenhaft, dass eine so erfahrene Kollegin dem Terror gegen Korrespondenten in der Krisenregion zum Opfer gefallen sei, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Michael Konken: "Wer Journalisten tötet, löscht Leben aus und versetzt der Pressefreiheit einen schweren Schlag." Der afghanische Präsident Hamid Karsai kondolierte der Familie von Niedringhaus.

Die Fotografin stammt aus dem westfälischen Höxter und hat sich mit Kriegsreportagen aus vielen Ländern einen Namen gemacht. Für ihre bewegenden Bilder aus dem Irak-Krieg gewann sie 2005 den Pulitzer-Preis. Dazu bekam sie weitere Ehrungen. "Natürlich habe ich Angst", hatte sie in einem Interview von DeutschlandRadio Kultur im September 2011 erklärt. Wer in Krisengebieten unterwegs sei, müsse damit rechnen, dass etwas passiere. Über ihre Arbeit sagte sie: "Mein Anliegen ist eigentlich, die Menschen in diesen Ländern zu zeigen. Es geht mir nicht um die Militärmaschinerie, oder wie groß die Waffen sind, wie schnell der Panzer ist, sondern was eigentlich danach passiert, nachdem geschossen wird."

Auch Frank Stach, der Vorsitzende des DJV-NRW, äußerte sich erschüttert über den Tod der Fotojournalistin. "Mit ihr ist eine herausragende Bildjournalistin ums Leben gekommen, die sich stets mit vollem Engagement für die Berichterstattung aus Krisenregionen eingesetzt hat."

(epd/dpa)
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