Rom "Costa"-Kapitän löste Unglück aus

Rom · Ein Gutachten führt auf 270 Seiten die Ursachen für die Havarie der "Costa Concordia" mit 32 Toten auf. Demnach hat nicht nur der Kapitän versagt. Auch Reederei und Mannschaft müssen sich schwere Versäumnisse vorwerfen lassen.

Sowohl Kapitän Francesco Schettino als auch die Reederei Costa Crociere tragen die Verantwortung für das Unglück des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia". Diese These ergibt sich aus einem 270 Seiten langen Bericht, den Gutachter nach Auswertung des Fahrtenschreibers für die Ermittlungsrichterin Valeria Montesarchio in Grosseto angefertigt haben. Aus dem Bericht wurden nun Auszüge bekannt. Das mit über 4200 Passagieren besetzte Schiff war am 13. Januar 2012 vor der italienischen Insel Giglio auf einen Felsen gelaufen und anschließend gekentert. 32 Menschen, darunter zwölf Passagiere aus Deutschland, starben.

Vor allem bei der Auswahl des Personals auf dem Kreuzfahrtschiff scheint die Genueser Reederei Costa Crociere wenig verantwortungsbewusst vorgegangen zu sein. So berichten die Gutachter von Kommunikationsproblemen innerhalb der Mannschaft, die auf die unterschiedliche Herkunft der Besatzungsmitglieder zurückzuführen seien. Die Auswertung der Black Box habe zudem ergeben, dass das Hafenpersonal der Reederei bei dem Notfall versagte. Das berichtete die Zeitung "La Repubblica".

Für ihr Gutachten werteten die Experten den Funkverkehr, Seekarten und die gespeicherten Daten der Bordinstrumente aus. Auslöser des Unglücks war Kapitän Schettino. Das wird in dem Bericht bestätigt. Schettino, der die in der Route nicht vorgesehene Entscheidung für die Küstenpassage vor Giglio traf, den Notfall nicht rechtzeitig meldete und das Schiff nach dessen Kentern vorzeitig verließ, ist den Gutachtern zufolge jedoch nicht alleine verantwortlich. Der Steuermann der "Costa Concordia", ein Indonesier, habe vor dem Auflaufen des Schiffs auf den Felsen zweimal die italienischen Kommandos des Kapitäns nicht verstanden, was offenbar zu Belustigung auf der Kommandobrücke führte. Auch der erste Offizier, ein Bulgare, sei "in Notsituationen nicht imstande, Italienisch zu verstehen", zitiert "La Repubblica" das Gutachten. Ein Funk-Offizier habe bei der Evakuierung mit Matrosen aus Südamerika Englisch sprechen müssen.

Offenbar waren einige Besatzungsmitglieder auch nicht für Notfälle ausgebildet. Das Sprachen-Chaos auf der Costa Concordia nährt Zweifel an der gewissenhaften Auswahl der Besatzung durch die Verantwortlichen in der Reederei. Auch das Notfall-Management der Reederei war den Gutachtern zufolge mangelhaft. Der in Genua stationierte Krisenkoordinator von Costa Crociere, Roberto F., habe wesentlich zur Verzögerung der Evakuierung um über 50 Minuten beigetragen. F. habe trotz der telefonischen Meldung Schettinos um 22.27 Uhr, dass bereits drei Stockwerke des Schiffes unter Wasser stünden, den Kapitän nicht zur Evakuierung angetrieben, sondern entscheidende Zeit verloren ("Die Situation beruhigt sich").

Die Gutachter legen außerdem nahe, F. hätte Informationen über einen Stromausfall und die Havarie der Antriebsmotoren eine halbe Stunde zuvor falsch bewertet. Zudem soll der Krisenkoordinator dem ebenfalls alarmierten Hafenamt in der Unglücksnacht wichtige Details vorenthalten haben. Wie "La Stampa" berichtet, habe F. gestanden, "einen Schlamassel" angerichtet zu haben. In einer Mitteilung hat die Reederei Costa Crociere zu den Vorwürfen Stellung genommen. Die Behauptung, das Personal sei für den Notfall unvorbereitet gewesen, wird als "haltlos" bezeichnet. Auch das Hafenpersonal habe sich korrekt verhalten.

(RP)
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