Buch "Kappes, Knies und Klüngel" Das rheinische Alphabet

Rheinländer töddern gerne – entsprechend viele Wörter umfasst die rheinische Alltagssprache. Welche Worte woher kommen, und wie viele Mundartwörter heute noch immer gebräuchlich sind, zeigt das neu aufgelegte Buch "Kappes, Knies und Klüngel" aus dem Kölner Greven Verlag.

Rheinländer töddern gerne — entsprechend viele Wörter umfasst die rheinische Alltagssprache. Welche Worte woher kommen, und wie viele Mundartwörter heute noch immer gebräuchlich sind, zeigt das neu aufgelegte Buch "Kappes, Knies und Klüngel" aus dem Kölner Greven Verlag.

Köln Wenn ein Rheinländer über das Wetter spricht, dann benutzt er wohl die meisten rheinischen Worte: uselig, plästern, fieseln. Wenn es plästert, ist der Regen heftig. Der Rheinländer würde sagen: "Boh, is dat wieder am plästern draußen." Wenn es hingegen nur leicht nass ist, ruft er: "Et regnet nich, et fieselt nur." Im Hochdeutschen lassen sich die Spielarten des Regens weniger gut ausdrücken, als mit den vielen Begriffen, die die rheinische Alltagssprache dafür bereit hält.

In seinem Wörterbuch "Kappes, Knies und Klüngel", das soeben in der siebten, komplett erweiterten Neuausgabe erschienen ist, hat der Bonner Sprachwissenschaftler Peter Honnen rund 1600 rheinische Vokabeln aufgelistet, ihre Bedeutung und Verwendung erklärt. Teilweise sind die Wörter 2000 Jahre alt, aber es finden sich auch Begriffe, die heute in einem anderen Zusammenhang verwendet werden. Zum Beispiel Musterprumm. Früher war Prumm (Pflaume) ein abwertendes Wort für Frau. Heute wird Musterprumm synonym für Mannequin, Model verwendet, sagt Honnen.

Hunderte von Begriffen verwenden Menschen zwischen Kleve und Koblenz tagtäglich ganz selbstverständlich, oft jedoch ohne zu wissen, dass es sich dabei eigentlich um Mundartwörter handelt, die ihre noch Dialekt sprechenden Urgroßeltern ebenfalls ganz natürlich benutzt haben. So zum Beispiel denken viele, das Wort Jieper komme aus dem Bereich der Werbung. Dabei kennt die rheinische Sprache Frauenjieper und Bierjieper schon seit Urzeiten. Jiepen bedeutet begierig sein, nach etwas verlangen. Etwa so: "Mensch, hab ich jetzt einen Jieper auf Eis." Jeder Rheinländer spricht auch Rheinisch, sagt Honnen, der beim LVR-Institut für Landeskunde- und Regionalgeschichte in Bonn arbeitet. "Auch in Zeiten, in denen fast niemand mehr Dialekt spricht, können sich die Menschen im Rheinland an ihrer Sprache erkennen. Sie ist unverwechselbar."

Unter Jugendlichen wandeln sich einige Begriffe: der Sozialfricko ist heute beliebt als Bezeichnung für den Sozialarbeiter und Knubbelkäse als Ersatz für Mozzarella. Pimmock, früher ein Schimpfwort, bedeutet heute hingegen nur noch "der Fremde" und wird zum Beispiel gerne im Kölner Karneval eingesetzt für Menschen aus Duisburg oder Düsseldorf, die auch mitfeiern, aber nicht wissen, was da eigentlich auf ihrem T-Shirt steht.

Das Rheinische ist linguistisch gesehen ein Regiolekt. "Ein Dialekt, den man versteht, ist ein Regiolekt. Sobald man etwas nicht mehr versteht, ist es ein Dialekt", erklärt der Bonner Sprachwissenschaftler Georg Cornelissen. Es gebe jedoch Worte, die seien am Niederrhein verbreiteter als im Zentralrheinland. "Mit dem Jöppken willse zu der Party gehen?", fragt manche Mutter ihre Tochter entsetzt sowohl am Niederrhein, im Bergischen Land und im Zentralrheinland. Wohingegen das Wort juckig für lüstern nur in Köln gebräuchlich ist.

Doch auch die Sprachwissenschaftler stellen fest, dass Rheinisch immer weniger verbreitet ist. Bei einer Umfrage an einer Kölner Schule fanden sie heraus, dass ein Großteil der Abiturienten dort eines der wichtigsten rheinischen Wörter — Klüngel — nicht mehr kannte. In absoluten Zahlen: 30 von 50 Abiturienten wussten nicht, welche Macht der kölsche Klüngel hat.

"Es ist erstaunlich, wie viele genuin rheinländische Worte es gibt", sagt Honnen. Einige der rheinischen Begriffe hätten es sogar über Grenzen geschafft. Das Knöllchen tauche auf der Website der sonst so strafzettellastigen Stadt München auf. Piesacken sei auch in Limburg gebräuchlich.

Als Botschafter des Rheinischen tritt Reiner Calmund auf. "Ansonsten hört man die Sprache im öffentlichen Leben wenig", sagt Honnen. Eine rheinische Insel sei die Serie "Die Anrheiner" (WDR). "Das Rheinische ist für mich Heimat und Identifikation", sagt Hauptdarstellerin Samy Orfgen.

Wem das alles zu viel Kuddelmuddel ist, der ist entweder dull im Kopp oder kein echter Rheinländer.

(RP)
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