Repräsentative Umfrage Große Mehrheit der Flüchtlinge teilt deutsche Werte

Berlin · Mehr als eine Million Flüchtlinge sind seit 2015 nach Deutschland gekommen. Wie ticken diese Menschen? Was denken sie über Demokratie und Gleichberechtigung? Eine erste repräsentative Studie liefert nun Erkenntnisse.

Das sagen Flüchtlinge in Mettmann zum Terror
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Mehr als eine Million Flüchtlinge sind seit 2015 nach Deutschland gekommen. Wie ticken diese Menschen? Was denken sie über Demokratie und Gleichberechtigung? Eine erste repräsentative Studie liefert nun Erkenntnisse.

Die große Mehrheit der seit 2013 nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge ist einer Studie zufolge für Demokratie und Gleichberechtigung von Mann und Frau. Sehr unterschiedlich ist demnach die Allgemeinbildung der Zuwanderer. Nur wenige haben einen Berufs­ oder Hochschulabschluss, der Wunsch nach Bildung und Arbeit ist jedoch groß. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

2015 kamen etwa 890.000 Asylbewerber nach Deutschland. In diesem Jahr waren es bis Ende Oktober weitere knapp 290.000 Flüchtlinge. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wünscht sich, dass die Erkenntnisse dieser Vergleichsstudie "zur Versachlichung der Debatte in Deutschland beitragen".

Hier die Ergebnisse der Studie im Einzelnen:

  • Demokratie: 96 Prozent der befragten Flüchtlinge unterstützen die Aussage, dass "man ein demokratisches System haben sollte". Damit stimmen sie fast vollständig mit deutschen Befragten überein. 21 Prozent der Flüchtlinge und 22 Prozent der Deutschen sind jedoch der Ansicht, dass man einen "starken Führer" haben sollte, der sich nicht um ein Parlament und Wahlen kümmern muss. Eine Expertenherrschaft statt einer Regierung wünschten sich bei den Geflüchteten 55 und bei den Deutschen 59 Prozent.
  • Gleichberechtigung: Jeweils 92 Prozent der Geflüchteten und der Deutschen sagen, dass "gleiche Rechte von Männern und Frauen" ein Bestandteil von Demokratien sind. Bei der Aussage "wenn eine Frau mehr Geld verdient als ihr Partner, führt dies zwangsläufig zu Problemen" zeigen sich jedoch Unterschiede: Während 29 Prozent der Geflüchteten zustimmen, sind es bei den Deutschen nur 18 Prozent.
  • Trennung von Kirche und Staat: 13 Prozent der Flüchtlinge stimmen der Aussage zu, dass "Religionsführer die Auslegung der Gesetze bestimmten" sollten. Unter den Deutschen stimmten dem 8 Prozent zu.
  • Bildung: 58 Prozent der erwachsenen Flüchtlinge haben zehn Jahre und mehr in Schule, Ausbildung und Studium verbracht. In der deutschen Bevölkerung sind es 88 Prozent. 37 Prozent der Flüchtlinge besuchten eine weiterführende Schule. 10 Prozent gingen jedoch nur auf eine Grundschule und 9 Prozent besuchten gar keine Schule. Knapp ein Fünftel (19 Prozent) ging auf eine Hochschule und 13 Prozent haben hier auch einen Abschluss gemacht. Ein großer Teil der Menschen will jedoch noch einen Schul- oder beruflichen Abschluss in Deutschland machen. "Der Wunsch nach Bildung ist hoch und weitaus wichtiger, als wir bisher angenommen hatten", sagte Nahles. Doch viele Flüchtlinge wollen erst einmal arbeiten.
Das ist unser größter Wunsch...
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Foto: Fischer, Armin (arfi)
  1. Erwerbstätigkeit: Nur sechs Prozent der Geflüchteten haben einen beruflichen Abschluss. Zum Vergleich: In Deutschland sind es knapp 60 Prozent. "Die meisten dieser Länder kennen kein Ausbildungssystem, das mit dem deutschen Berufsbildungssystem vergleichbar wäre", heißt es in der Studie. Viele Berufe werden dort ohne formelle Ausbildung ausgeübt. Die meisten Geflüchteten haben daher dennoch Berufserfahrung: 73 Prozent waren in ihrem Heimatland erwerbstätig — 81 Prozent der Männer und 50 Prozent der Frauen.
  2. Integration in den Arbeitsmarkt: Die Dauer der Integration entspricht der bei früheren Zuwanderern: Sie braucht Zeit. In den ersten beiden Jahren finden nur etwa 13 Prozent der Menschen einen Job. Im dritten Jahr sind dann etwa 22 Prozent der Flüchtlinge erwerbstätig und im vierten Jahr etwa 31 Prozent.
  3. Sprache: Zwei Drittel der Flüchtlinge haben in Deutschland einen Sprachkurs besucht. Daneben nutzten die Menschen noch andere Möglichkeiten des Deutscherwerbs — etwa Medien, Unterricht durch Freunde und Bekannte oder Sprachlern-CDs und Kurse im Internet.
(bur/dpa)
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