Düsseldorf Der gefährlichste Trend des Sommers

Düsseldorf · Im Internet liefern sich junge Erwachsene derzeit einen Wettkampf um das auffälligste Sonnenbrandtattoo. Dazu kleben sie Hautstellen ab und holen sich mit Absicht einen Sonnenbrand. Doch es formiert sich eine Gegenbewegung.

Die Haut ist rissig und ausgetrocknet, rot und voller Blasen, die Patienten klagen darüber, dass sie gleichzeitig schmerzt und juckt. Für diesen Zustand aber gesorgt haben sie höchstpersönlich, indem sie sich absichtlich einen Sonnenbrand geholt haben - und das für einen fragwürdigen Trend, der derzeit im Internet kursiert. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter prahlen vorzugsweise junge Erwachsene unter dem Hashtag "sunburnart" mit ihren Sonnenbrandtattoos. Diese entstehen durch abgeklebte Hautstellen in Kombination mit einem ungeschützten Sonnenbad. Ohne Sonnencreme brutzeln die Jugendlichen so lange im Freien, bis sich das gewünschte Motiv weiß vom rotverbrannten Rest des Körpers abhebt.

Für Klaus Werner Schulte, Facharzt für Dermatologie an der Klinik am Kaiserteich in Düsseldorf, ist das Sonnenbrandtattoo ein gefährlicher Trend. "Abhängig vom Hauttyp reichen zehn bis 30 Minuten in der Sonne, um sich zu verbrennen", sagt er. Dabei ist es nicht einmal der Sonnenbrand, der Dermatologen in Alarmbereitschaft versetzt, "denn der tut zwar weh, und es bilden sich Blasen, er bessert sich aber nach drei bis fünf Tagen", sagt Schulte. Wirklich riskant sei aber das Hautkrebsrisiko, das sich durch den Trend erheblich erhöht. "Jede UV-Strahlung - also jeder Sonnenstrahl - ist schädlich, es muss nicht einmal bis zum Sonnenbrand kommen."

Dass mit dem Thema Hautkrebs nicht zu spaßen ist, verdeutlicht die Gegenbewegung der Sonnenbrandtattoo-Anhänger. Krebspatienten twittern unter dem Hashtag "melanomascar" Fotos von ihren Narben, die durch die Entfernung von Melanomen, also hochgradig bösartigen Tumoren, entstanden sind. "Ich verstehe nicht, warum man nicht über die Konsequenzen nachdenkt", schreibt Tracey Dobson bei Twitter und zeigt das Foto ihrer Wunde. Tracy Wood twitterte das Bild ihrer zentimeterlangen Narbe, die sich über ihren Brustkorb zieht: "Das ist meine Melanom-Narbe. Sonnentattoos sind völliger Schwachsinn. Zum Glück bin ich auf dem Weg der Besserung, ich habe viel Glück gehabt."

Die Betroffenen sind sich einig: Die kurzweiligen Sonnenbrandmale sind den Schmerz und das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, nicht wert. Laut der Deutschen Krebshilfe begeben sich derzeit jährlich mehr als 875 000 Patienten bundesweit aufgrund einer Hautkrebserkrankung in Behandlung - Tendenz steigend. "Wissenschaftliche Untersuchungen haben eindeutig gezeigt, dass bei der Melanomentstehungder UV-Strahlung eine besondere Bedeutung zukommt", heißt es. "Übermäßige Sonnenbestrahlung ist der Risikofaktor für die Entstehung von Hautkrebs." Die Weltgesundheitsorganisation habe daher 2009 die UV-Strahlung in die höchste Krebsrisikogruppe eingeordnet.

Ob sich eine solche Erkrankung entwickelt, hängt von verschiedenen Faktoren ab wie etwa Hauttyp, genetische Veranlagung oder Belastung durch Sonnenstrahlung. "Das ist wie mit einem Fass, das irgendwann überläuft", bringt es Klaus Werner Schulte auf den Punkt. Er hofft, dass die Sonnenbrandtattoos wie andere Trends auch irgendwann wieder verschwinden. Doch noch gehören die vermeintlichen Trendsetter zu seinen Patienten. Die positive Nachricht: Wer sich einmal so verbrannt hat, dass er dafür sogar zum Arzt muss, überlegt es sich beim nächsten Mal besser.

(RP)
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