Los Angeles Der letzte Lebemann

Los Angeles · Mit dem "Playboy" kämpfte Hugh Hefner in den 50ern gegen die Prüderie, lancierte eine weltweite Marke und scheffelte ein Vermögen. Das investierte er in seinen Traum eines sexuell freizügigen Lebens. Jetzt ist er 91-jährig gestorben.

Neben dem Osterhasen und Bugs Bunny gibt es in der Kulturgeschichte nur noch einen, allerdings gleichermaßen berühmten wie berüchtigten Hasen: das Playboy Bunny. Wobei dieser Hase eine Häsin war - eine mit Hasenohren, Korsett und Puschel ausgestattete Frau, die in den Playboy Clubs servierte. Erfunden hatte diese Maskerade der US-Werbetexter Hugh Hefner, der mit seinem "Playboy"-Magazin in den 50ern den Kampf gegen die Prüderie aufnahm - und gewann. Sein Heft verkaufte sich bald nicht nur millionenhaft, es bereitete auch den Boden für einen offeneren gesellschaftlichen Umgang mit Sexualität. Hefner selbst lebte seinen Traum sexueller Selbstbestimmung bis zuletzt kompromisslos aus - jetzt ist er im Alter von 91 Jahren in Los Angeles gestorben.

Bis heute umgibt den "Playboy" eine Aura des Anrüchigen, geht es doch in erster Linie darum, hüllenlose Frauen zu zeigen. Schnell vergessen wird dabei, dass Hefner in den Anfangsjahren nicht nur das puritanische Amerika, dem er selbst entstammte, attackierte, sondern sich auch politisch klar und oft provokant positionierte. Er agitierte gegen Rassismus, veröffentlichte etwa Interviews mit Martin Luther King sowie Muhammed Ali und zeigte 1965 eine Afroamerikanerin als Playmate des Monats. Außerdem engagierte er sich gegen die Todesstrafe, gegen den Handel mit Schusswaffen und für Homosexuelle. Hefner, kurz "Hef" genannt, war ein Freigeist, und sein Magazin das Mittel, um seine Visionen unters Volk zu bringen. "Bibliothekarinnen, Anwälte und sogar deine eigene Sekretärin werden den ,Playboy' als Werkzeug nutzen, sich selbst neu zu erfinden", sagte er.

Als genialen Coup durfte er für sich verbuchen, Marilyn Monroe fast unbekleidet 1953 aufs erste Cover gebracht zu haben. Die 50.000 Exemplare der Erstausgabe verkauften sich innerhalb weniger Tage, das Foto im Innenteil, Monroe auf rotem Samt, ist ikonographisch. In den Jahren danach entblätterten sich Hunderte Prominente für das Hochglanzblatt, in der Hoffnung, wie Marilyn im kollektiven Bildgedächtnis als perfekte Schönheit konserviert zu werden. Natürlich gab es auch Widerstand: So weigerte sich die Post, das Heft auszuliefern. Hefner klagte und gewann. Bis auf sieben Millionen kletterte die Auflage in den 70ern, die Marke "Playboy" war längst eine Lizenz zum Gelddrucken, mit Ablegern weltweit, mit Clubs und TV-Shows.

Getreu Hefners Motto, das Leben sei zu kurz, um den Traum eines anderen zu leben, ermöglichten ihm die Millionen, ein ausschweifendes Leben zu führen. Seine Anwesen, "Playboy Mansions" genannt, erst in Chicago, dann noch opulenter in Los Angeles mit Liebesgrotte und Poolzugang im Wohnzimmer, wurden zum Inbegriff wollüstigen Treibens, zum orgiastischen Zentrum eines Anti-Amerikas, dem Sündenpfuhl schlechthin. Rauschende Feste wurden dort gefeiert, Hefner lief auch in der Öffentlichkeit am liebsten im Bademantel herum, ein lüsternes Grinsen auf den Lippen. "Der Großteil meines Lebens war so, wie ein Jugendlicher sich das Erwachsensein vorstellt", sagte er.

Im Alter brüstete er sich damit, mit mehr als 1000 Frauen geschlafen zu haben. Doch je älter er wurde, desto absonderlicher wirkte sein Lebensstil. 2012 heiratete er die 60 Jahre jüngere Crystal Harris und pries Viagra als Wundermittel - dem libertinären Vordenker von einst war die Würde abhanden gekommen.

Auch mit dem "Playboy" ging es bergab. In den 70ern musste sich das Heft der schmuddeligeren Konkurrenz von "Penthouse" und Hustler" geschlagen geben. Die Frauenbewegung setzte Hefner dazu, bezichtigte ihn der Scheinheiligkeit, weil er die Frauen von der einen Knechtschaft in die nächste getrieben habe. Später übergab Hefner die Geschäfte an seine Tochter, eine Feministin. Die wollte im "Playboy" mit Männern und sogar ohne nackte Frauen punkten, aber auch das blieb nur eine kurze Episode. Zuletzt verkaufte Hefner sein Luxuslasterlotterheim für 100 Millionen Dollar, handelte aber Wohnrecht aus. Seine letzte Ruhestätte, so sein Wunsch, soll neben der von Marilyn Monroe liegen. Wer wolle nicht in alle Ewigkeit neben ihr liegen? Und: "Ich habe einen großen Teil meines Lebens damit verbracht, an den falschen Orten nach Liebe zu suchen."

(RP)
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