Geiselnahme in Ingolstadt 25-Jähriger beim Prozess geständig

Eine spektakuläre Geiselnahme im Rathaus von Ingolstadt sorgte vor einem Jahr für Aufsehen. Die Opfer wurden befreit, der mutmaßliche Täter niedergeschossen. Nun muss sich der verurteilte Stalker verantworten.

Mit dem vollen Geständnis des Angeklagten hat der Prozess um die spektakuläre Geiselnahme vor einem Jahr im Rathaus von Ingolstadt begonnen. Zum Prozessauftakt ließ der 25-Jährige am Dienstag eine Erklärung von seinem Pflichtverteidiger verlesen. Darin räumt er die Geiselnahme von zwei Frauen und zwei Männern, darunter eine von ihm seit Jahren verfolgte Frau, ein. Er habe den Opfern aber kein körperliches oder seelisches Leid zufügen wollen, ließ der bereits wegen Stalkings verurteilte Mann erklären. Er wolle sich ausdrücklich bei den Opfern entschuldigen. Er selbst werde sich vor dem Landgericht Ingolstadt nicht zu den Vorwürfen äußern.

Die Geiselnahme im Alten Rathaus der bayerischen Stadt war am Abend des 19. August 2013 nach stundenlangem Nervenkrieg von einem Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei beendet worden. Die Geiseln wurden befreit, der mit einem Jagdmesser und der Attrappe einer Pistole bewaffnete Täter wurde kampfunfähig geschossen.

Als Tatmotiv gilt massive Verärgerung des Mannes über ein Hausverbot im Rathaus, das wegen des jahrelangen Stalkings der Mitarbeiterin ausgesprochen worden war. Der zur Tatzeit 24-Jährige war drei Wochen vor der Geiselnahme bereits wegen Stalkings, Hausfriedensbruchs, Beleidigung und Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden.

In seiner Anklageschrift schilderte Staatsanwalt Ingo Desing noch einmal das Geiseldrama. Demnach hatte der damals 24-Jährige das Gebäude an jenem Montag gegen 8.30 Uhr betreten. Zielstrebig ging er ins Büro der von ihm seit langem verfolgten Frau. Er brachte die Angestellte in seine Gewalt, ebenso Ingolstadts parteilosen 3.
Bürgermeister Sepp Mißlbeck und zwei weitere Bedienstete.

Der Geiselnehmer forderte eine schriftliche Entschuldigung der Stadt für ihm angeblich zugefügtes Leid. Insbesondere müsse das gegen ihn verhängte Hausverbot im Rathaus aufgehoben werden. Zudem machte er die Rathausverwaltung für einen angeblichen sexuellen Missbrauch durch seinen Vater verantwortlich. Die Behörde hätte ihn aus der Obhut seines Vaters nehmen müssen, argumentierte der junge Mann.

Tatsächlich wurde im Rathaus ein Entschuldigungsschreiben verfasst.
Ständig, so der Staatsanwalt, habe der Geiselnehmer Todesängste bei seinen Opfern hervorgerufen. Der von ihm verfolgten Frau hielt er die nicht als Attrappe erkennbare Pistole an die Schläfe. Zwei Geiseln ließ er im Laufe des Tages frei, ehe das SEK das Drama gegen 17.45 Uhr beendete. Mehr als 200 Polizisten hatten den Rathausplatz während des Dramas weiträumig abgesperrt.

Am Dienstagnachmittag sollte das Stalkingopfer aussagen. Das Urteil soll am 24. Oktober verkündet werden.

(dpa)
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