Vierfachmord in Eislingen Angeklagte wollen im Prozess gestehen

Ulm (RPO). Zum Prozessbeginn um den Vierfachmord von Eislingen haben die Angeklagten am Montag Geständnisse angekündigt. Der 19-jährige Sohn der getöteten Familie, Andreas H., und sein 19-jähriger Freund Frederik B. müssen sich wegen Mordes aus Habgier vor einer Jugendstrafkammer verantworten.

Polizei sucht in Eislingen nach Beweisen
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Der 57-jährige Heilpraktiker Hansjürgen H. und seine 55-jährige Frau Else sowie deren 22 und 24 Jahre alten Töchter waren am 9. April dieses Jahres in ihrem Wohnhaus mit insgesamt 30 Schüssen ermordet worden.

Nach Verlesen der Anklage wurde die Hauptverhandlung auf Donnerstag vertagt. Staatsanwältin Brigitte Lutz warf den 19-Jährigen gemeinschaftlichen Mord aus Habgier vor sowie mehrere Diebstähle, darunter Waffen der Schützengilde Eislingen.

Laut Anklage wollte Andreas H. zu Hause ausziehen und das Vermögen seiner Eltern erben und seinen Freund beteiligen. Dieser hatte demnach bereits eine Wunschliste erstellt. Am 26. Februar hatte Andreas H. von seiner Mutter Vollmacht für ein Konto mit 256.000 Euro in der Schweiz erhalten, wäre aber nur mit der Unterschrift seiner Schwestern an das Geld herangekommen.

Mord an Gründonnerstag

Am Gründonnerstag gegen 22.00 Uhr erschossen Andreas H. und Frederik B. laut Staatsanwaltschaft die Schwestern vor dem Fernseher. Danach suchten sie die Eltern von H. in einer Gaststätte auf, kehrten nach einer Stunde zum Haus zurück und erschossen das Paar bei der Rückkehr.

Andreas H. "entdeckte" an Karfreitag die Toten. Die Kripo wiesen ihnen Schmauchspuren an den Händen nach. Am Samstag erging Haftbefehl. Frederik B. gestand die Tat danach mit den Worten "Wir waren das zusammen." Er verriet auch, dass sie die Waffen in einem Walddepot versteckt hatten.

Erst kurz vor Prozessbeginn kündigte Andreas H. ein Geständnis an; er will am Mittwoch, 4. November, aussagen. "Das Schlimmste ist, dass ich meinen Vater so vermisse", sagte er seinem Anwalt Hans Steffan, wie die "Bild am Sonntag" berichtete.

Schwierige Vater-Sohn-Beziehung

Habgier war nach Darstellung des Anwalts nicht das Motiv der Tat. Der Verteidiger sieht den Grund für die Bluttat in der schwierigen Vater-Sohn-Beziehung. Der Vater sei streng und dominant gewesen, der Sohn habe sich in der Familie isoliert gefühlt. Der Anwalt spricht von "Regeln, Verboten, Demütigungen und noch viel mehr" vonseiten des Vaters. Diese hätten den Sohn verzweifeln und in Gewalt- und Selbstmord-Fantasien abdriften lassen.

Die Eltern von Frederik B. schlossen in einem "Stern"-Interview aus, dass er sich aus materiellen Gründen an dem Verbrechen beteiligte. Nach ihren Angaben war Andreas H. sein einziger Freund und fühlte sich von ihm abhängig. Sexualität soll jedoch keine Rolle dabei gespielt haben.

Die beiden sind auch wegen mehrerer Diebstähle angeklagt - vor allem wegen des Einbruchs bei der Schützengilde Eislingen, bei dem sie 17 Waffen und 1.700 Schuss Munition gestohlen haben sollen. Weil sie bei einigen Taten minderjährig waren, findet das Verfahren vor der Jugendstrafkammer statt. Das Gericht hatte verschärfte Sicherheitsvorkehrungen angeordnet.

Die Angeklagten wurden mit Hand- und Fußfesseln in den Saal geführt. Sie verbargen ihre Gesichter in Kapuzenpullovern. Die Eltern von Frederik B. waren erschienen; sie hatten in einem "Stern"-Interview angekündigt, dass sie weiter zu ihm stünden. Nebenkläger ist der Halbbruder des getöteten Heilpraktikers, Georg H. Er sagte nach Medienberichten, es rege ihn auf, dass die Angeklagten dort säßen "wie die Lämmer".

Bislang sind zwölf Verhandlungstage angesetzt. Am Montag übergab der Gerichtspsychiater ein Teilgutachten. Die Angeklagten hatten sich erst vor kurzem bereiterklärt, ihm gegenüber Angaben zu machen.

Zu Prozessauftakt hatte die Kammer den Antrag eines Verteidigers abgelehnt, die Öffentlichkeit ausnahmslos auszuschließen. Sie hat nur neun Medienvertreter zugelassen.

Das Urteil wird demnach voraussichtlich am 27. Januar 2010 verkündet.

(AP/felt)
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