Dritte Bluttat in einer Woche in Bayern Anschlag in Ansbach - was über Täter und Tat bekannt ist

Düsseldorf/Ansbach · Schon wieder erschüttert eine grausame Bluttat Bayern. Auch diesmal - wie schon beim Axt-Attentat in Würzburg - kam der mutmaßliche Täter als Flüchtling nach Deutschland. Wir haben zusammengetragen, was bislang bekannt ist.

Anschlag in Ansbach: 27-jähriger Flüchtling tötet sich durch Explosion
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Bombenanschlag im bayerischen Ansbach

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Foto: dpa, dka

Wie das bayerische Innenministerium berichtet, handelt es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen 27-jährigen Syrer. Er starb bei der Explosion. Der Mann soll vor zwei Jahren nach Deutschland geflohen sein. Der Asylantrag wurde vor einem Jahr abgelehnt, seither lebte der 27-Jährige als Geduldeter in einer Flüchtlingsunterkunft in Ansbach.

Nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann reiste der Täter am 3. Juli 2014 erstmals nach Deutschland ein. Der Täter habe ab Februar 2015 eine Duldung erhalten, die danach mehrfach verlängert wurde, sagte Herrmann. Vor nicht einmal zwei Wochen habe das BAMF erneut den Betroffenen aufgefordert, Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen. Gegen den jüngsten BAMF-Bescheid hätte der Täter nochmal Klage erheben können, sagte Herrmann. Das Verfahren liege allein beim BAMF. Dies erlasse die Ausreiseverordnung. Nur der unmittelbare Vollzug obliege der Polizei.

Nach dem deutschen Aufenthaltsgesetz bedeutet eine Duldung, dass ein abgelehnter Asylbewerber nicht abgeschoben werden kann (AufenthG § 60). Die Bundesrepublik Deutschland schiebt wegen des Bürgerkriegs derzeit nicht nach Syrien ab.

Bekannt wurde außerdem, dass der Täter schon mehrmals gegen das Gesetz verstoßen hat. Wie das Polizeipräsidium Mittelfranken mitteilte, soll es sich dabei unter anderem um Drogendelikte gehandelt haben. Schon zweimal soll der 27-Jährige versucht haben, sich selbst zu töten. Deswegen war er wohl in psychiatrischer Behandlung.

Es gibt 15 Verletzte, drei von ihnen sind schwer verletzt, das meldet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf die Polizei. Ein Opfer soll in Lebensgefahr schweben. Der Täter kam bei der Explosion ums Leben, der Notarzt konnte keine Lebenszeichen mehr feststellen.

Am Sonntagabend sind zu dem Zeitpunkt rund 2500 Zuhörer beim Festival "Ansbach Open" auf der Reitbahn in der Ansbacher Innenstadt vor Ort. Bei dem Festival sollten Musiker wie Joris, Philipp Dittberner und Gregor Meyle auftreten — Publikumsmagneten. Gegen 21.45 Uhr bemerken Sicherheitskräfte einen jungen Mann, der sich verdächtig verhält. Er trägt einen Rucksack und läuft über einen längeren Zeitraum vor dem Einlass auf und ab, berichtet die Polizei. Der Einlass wird ihm aber verwehrt, weil er keine Eintrittskarte hat. Anschließend soll er sich im Außenbereich eines Weinlokals an der Pfarrstraße in der Ansbacher Innenstadt aufgehalten haben.

Gegen 22.10 Uhr soll er die Bombe gezündet haben. Zeugen berichten, der 27-Jährige habe sich kurz nach vorne gebeugt. Die Polizei sperrt den Tatort ab und evakuiert das Konzertgelände. Die Evakuierung verläuft störungsfrei. 200 Polizisten und 350 Feuerwehr- und Rettungsdienstmitarbeiter sind im Einsatz. Die Polizei ruft am Montagmorgen dazu auf, ihr Videos und Bilder vom Ort des Geschehens zur Verfügung zu stellen.

Man müsse davon ausgehen, dass die Motivation des Täter wohl im Zusammenhang mit islamistischem Gedankengut gesehen werden müsse, sagte Herrmann am Montag in Nürnberg auf der Pressekonferenz zu dem Anschlag.

In der Unterkunft des Täters seien zwei Handys gefunden worden mit mehreren weiteren Sim-Karten sowie ein Laptop, sagte Herrmann. Eine erste Auswertung habe Hinweise darauf gegeben, dass Gewaltvideos mit islamistischer Ausrichtung und salafistischem Inhalt dabei seien. Das Allermeiste sei auf Arabisch.

Auf einem der Handys gebe es eine Anschlagsdrohung des Täters selbst als Video, sagte Innenminister Herrmann. Der Täter kündige einen Racheakt gegen Deutsche an als Vergeltung, weil sie Muslime umbrächten. In einer ersten Übersetzung des arabischen Textes heiße es, der Täter handle im Namen Allahs.

Die Umstände der Tat deuteten in der Summe "schon sehr" darauf hin, dass das Geschehen einen islamistischen Hintergrund haben könnte, sagte Herrmann. Der Mann beziehe sich auf Abu Bakr al-Baghdadi, den Anführer der Terrormiliz IS.

Am 25. Juli wurde bekannt, dass sich der IS zu dem Anschlag bekennt: Das IS-Sprachrohr Amak reklamiert die Tat für sich: Ein "Soldat des Islamischen Staates" habe den Anschlag verübt. Das teilte Amak im Internet mit.

Die Ermittlungen

Noch in der Nacht hat die Kriminalpolizei in Ansbach mit den Ermittlungen am Tatort begonnen. Woher er den Sprengstoff hatte, ist bislang unklar, sagt der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger auf einer Pressekonferenz in der Nacht. Außerdem muss geklärt werden, woher die Metallteile stammen, die der Täter im Rucksack trug. Sie sollen solchen gleichen, die in der Holzindustrie verwendet werden.

Eine 30-köpfige Sonderkommission wurde gegründet. Mitarbeiter des bayerischen Landeskriminalamts, der Bereitschaftspolizei und weitere Spezialeinsatzkräfte sowie Feuerwehr und Rettungsdienste unterstützen die Arbeiten. Die Bundesanwaltschaft hat noch nicht entschieden, ob sie die Ermittlungen an sich zieht. Dafür sei es noch zu früh. Erst einmal müsse man eine "zuverlässige Tatsachengrundlage" schaffen, heißt es aus der Karlsruher Behörde. Sollte es sich um einen Terrorakt handeln, fiele der Anschlag in die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft.

(heif)
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